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Fehlgeburt und Totgeburt: Ein Kind früh verlieren

Wenn Eltern ihr Kind durch eine Fehlgeburt oder Totgeburt verlieren, gehört dies zum Traurigsten, was ihnen widerfahren kann. Sie haben sich auf ein langes Leben mit ihm eingestellt und müssen nun nach kurzer Zeit Abschied nehmen – ein tiefer Einschnitt in ihre Lebensgeschichte.

Stille Verbundenheit

© BZgA/HN/Schüten

Wenn sich ein Kind ankündigt und die Eltern es willkommen heißen, entwickeln sie oft schon früh eine Vorstellung davon, wie das künftige Leben mit ihm aussehen wird. Es erobert sich seinen Platz in der Familie. Manchmal kommt es als Wunschkind „wie gerufen“, manchmal ist die erste Begrüßung nicht ohne Sorgen. In jedem Fall wächst eine besondere Verbundenheit mit diesem Kind, dessen Schicksal sich mit dem eigenen Lebensweg verknüpft hat.

Niemals sonst sind sich Menschen körperlich so nahe wie das ungeborene Kind und seine Mutter. In ihrem Bauch ist das Ungeborene körperlich und seelisch von ihr umhüllt. Es empfängt über die Plazenta neben den lebensnotwendigen Nährstoffen und dem Sauerstoff beispielsweise auch Glücks- und Stresshormone und ist so direkt von den Erlebnissen und Gefühlen seiner Mutter betroffen. Viele Mütter nehmen frühzeitig Kontakt mit ihrem Kind auf: Es entwickelt sich eine ständige leise, bewusste wie auch unbewusste Zwiesprache zwischen beiden. Auch viele Väter und die Geschwister beteiligen sich an diesem frühen Austausch.

Geraubte Zukunft

Wenn plötzlich Blutungen auftreten, wenn die Mutter keine Kindsbewegungen mehr spürt oder wenn die Herztöne des Kindes nicht mehr zu hören sind, können dies erste beunruhigende Zeichen sein. Manchmal fühlt sich die Mutter auch einfach alarmiert. Vielleicht haben sich bei einer Routineuntersuchung auf dem Ultraschall-Monitor Auffälligkeiten gezeigt. Vielleicht hat die Ärztin oder der Arzt ausweichende oder beschwichtigende Antworten gegeben, die die Unsicherheit fast unerträglich gemacht haben.

Wenn dann eine gezielte Ultraschall-Untersuchung bestätigt, dass das Kind nicht mehr lebt oder dass es bald sterben wird, ist nichts mehr wie vorher. Der Tod raubt den Eltern unvermittelt die Zukunft mit ihrem Kind. Die Elternliebe fällt ins Leere. Alle Hoffnungen, Vorstellungen und Pläne über das gemeinsame Leben stürzen in sich zusammen. Die Verbundenheit zerreißt schmerzhaft.

Ein einschneidender Verlust

Der frühe Verlust eines Kindes zwingt auch zur Auseinandersetzung mit dem Sterben, vielleicht auch mit dem eigenen Tod - eine Erfahrung, die Spuren hinterlassen wird. Für manche Eltern ist es das erste Mal, dass sie dem Tod so direkt begegnen. Wenn sie ihre Trauer nicht mit ihren nächsten Mitmenschen teilen können und das Leben um sie herum weitergeht, als wäre nichts gewesen, fühlen sich Eltern oft einsam. Dies passiert häufig beim frühen Verlust ihres ungeborenen Kindes, das noch niemand außer ihnen kennengelernt hat.

Der Preis des Fortschritts

Auch unsere hoch entwickelte Medizin kann keine Garantie dafür geben, dass eine Schwangerschaft in die glückliche Geburt eines gesunden Kindes mündet. Gerade der medizinische Fortschritt macht es schwer zu akzeptieren, dass werdendes Leben nicht in jeder Hinsicht planbar und berechenbar ist - und nicht alles „machbar“ ist.

Andererseits führen die Ergebnisse der modernen Medizin manchmal dazu, dass Eltern unerwartet vor der Entscheidung über Leben und Tod ihres Kindes stehen. Etwa dann, wenn Untersuchungen des Ungeborenen in der Schwangerschaft (Pränataldiagnostik) eine schwere Fehlbildung ergeben.

Auch über Behandlungsmöglichkeiten bei sehr kleinen Frühgeborenen an der Überlebensgrenze oder bei Neugeborenen mit Fehlbildungen zu entscheiden, ist für Eltern nicht einfach. Manchmal ist die Hoffnung auf das Überleben des Kindes mit einem sehr hohen Einsatz und großer Leidensbereitschaft verbunden. Nicht immer gelingt, was man sich erhofft.

Sich Zeit lassen im Schock

Auf die Mitteilung, dass das Herz ihres Babys nicht mehr schlägt oder dass es nicht lange leben wird, reagieren fast alle Eltern mit einem Schock. Es kann eine Weile dauern, bis es ihnen möglich ist, anstehende Entscheidungen zu treffen und sich etwa auf eine „stille Geburt“ vorzubereiten.

Der Schock hat unterschiedliche Gesichter: Je nach Persönlichkeit und Temperament zeigen manche Menschen nach außen kaum Reaktionen, wirken sachlich, beherrscht oder gar teilnahmslos. Andere sind von Verzweiflung überwältigt und können keine weitere Information mehr aufnehmen.

Die furchtbare Nachricht ist zunächst meist unbegreiflich: Wie wird es weitergehen? Wie soll man den Schmerz ertragen? Was ist zu tun? Woher die Kraft nehmen, das tote oder sterbende Kind zur Welt zu bringen? Die erste Reaktion ist häufig eine Art Fluchtreflex: So schnell wie möglich die unerträgliche Situation beenden, befreit werden von dem, was man sich nicht vorstellen kann.

Unterstützung finden

Sofern für die Mutter kein gesundheitliches Problem besteht, haben Eltern fast immer die Zeit, die notwendig ist, um nach der Phase des Schocks wieder handlungsfähiger zu werden. Es ist nun wichtig, jeden Schritt auf dem weiteren Weg in Ruhe zu überdenken und auch innerlich aktiv zu vollziehen.

In dieser Situation ist es für die meisten Menschen ein Segen, wenn sie nahe Freundinnen, Freunde oder Verwandte an ihrer Seite haben, die sie durch die kommenden Tage, Wochen und Monate begleiten. Auch die Unterstützung der betreuenden Hebamme bedeutet meist eine große Entlastung. Sie kann helfen, den Überblick über die anstehenden Entscheidungen zu behalten, und beraten, was zu tun ist. Die Ärztin oder der Arzt kann die Hebamme gleich zum ersten Beratungsgespräch nach der Diagnose hinzubitten, oder die Eltern können die Hebamme ihres Vertrauens bitten, sie bei diesem Beratungsgespräch zu begleiten.

Manche Paare oder Mütter suchen auch seelsorgerische oder psychologische Hilfe. In manchen Kliniken oder Arztpraxen arbeiten verschiedene Berufsgruppen zusammen, um diese Unterstützung anzubieten oder ein entsprechendes Angebot zu vermitteln. Schwangerschafts-Beratungsstellen sind ebenfalls auf Krisensituationen eingestellt. Hier können Eltern Rückhalt und Hilfe bekommen, um sich darüber klar zu werden, welcher Weg ihnen entspricht und hilft, das Erlebte zu verarbeiten. Sie können meist auch über weitergehende professionelle Angebote vor Ort informieren.

Stand: 01.03.2019