Fragen zur Verhütung?
Beratungsstelle in Ihrer Nähe finden ...

Interview: Verhütung am Ende der Fruchtbarkeit

In den Wechseljahren ist auf die Regel kein Verlass. Viele Frauen sind unsicher, wie sie am besten verhüten, und wie lange es noch nötig ist. Frauenärztin Dr. med. Maria Beckermann beantwortet Fragen zum Thema Verhütung am Ende der Fruchtbarkeit.

Welche Verhütungsmethode empfehlen Sie Frauen in den Wechseljahren?

Die Wahl der Verhütungsmethode ist, wie zu anderen Zeiten auch, zunächst mal eine Frage der persönlichen Vorlieben. Das beste Verhütungsmittel sind eigentlich Kondome. Sie haben keine Nebenwirkungen und schützen nicht nur vor Schwangerschaft, sondern auch vor sexuell übertragbaren Krankheiten. Auch andere Barrieremethoden wie zum Beispiel das Diaphragma eignen sich gut, wenn Frauen und ihre Partner damit zurechtkommen.

Geeignet ist auch die Spirale. Die Kupferspirale etwa greift nicht in den natürlichen Zyklus ein. Deshalb bekommt die Frau auch mit, wenn sich ihr Zyklus verändert und ihre Periode aufhört. Wenn Frauen sehr starke Blutungen haben, bietet sich die Hormonspirale an. Sie ist dann gleichzeitig sicheres Verhütungsmittel und Behandlung: Durch die Hormone in dieser Spirale baut sich die Gebärmutterschleimhaut nicht so stark auf und blutet daher weniger stark ab. Den Zyklus beeinflussen die Hormone dagegen nur wenig.

Die Pille kann ich nicht empfehlen, weil sie mit einem erhöhten Risiko für Thrombosen und Herz-Kreislauf-Erkrankungen einhergeht. Diese Risiken steigen mit dem Alter an und werden durch die Pille zusätzlich verstärkt. Die Minipille ist eher geeignet, weil sie diese Risiken weniger stark erhöht. Sie muss aber sehr regelmäßig und zu festen Uhrzeiten eingenommen werden.

Wie konsequent verhüten Frauen in den Wechseljahren?

Wie konsequent eine Frau verhütet, hängt in erster Linie davon ab, wie risikobereit sie ist. Für manche Frauen ist die Vorstellung, sie könnten noch ungewollt schwanger werden, so dramatisch, dass sie auf jeden Fall konsequent weiter verhüten. Andere Frauen tun das nicht, weil sie darauf vertrauen, dass sie jetzt, wo sie in den Wechseljahren sind, nicht mehr schwanger werden – zum Beispiel weil sie auch bisher noch nicht schwanger geworden sind. Ich schätze, dass etwa ein Drittel der Frauen ab 45 mit Barrieremethoden verhütet und ein Drittel mit der Spirale. Einige Wenige nehmen weiter die Pille oder Minipille, und die Restlichen verhüten gar nicht. Manche brauchen schlicht keine Verhütung, sei es, weil sie keinen Partner haben, keinen oder kaum noch Sex mit Männern, oder weil ihre Partner sterilisiert sind.

Falls eine Frau nicht mehr verhütet: Könnte es sein, dass sie es vor dem Ende der Fruchtbarkeit „noch einmal wissen“ will?

Ich denke, dass die meisten Frauen diese Auseinandersetzung schon zu einem früheren Zeitpunkt beendet haben. Es sind eher die Frauen zwischen Ende 30 und Anfang 40, die es bewusst oder unbewusst „noch einmal wissen“ wollen. Aus meiner Erfahrung heraus würde ich sagen, ab 45 wollen Frauen – bis auf ganz wenige Ausnahmen – tatsächlich nicht mehr schwanger werden. Das schließt nicht aus, dass sie vielleicht ihrem Zyklus nachtrauern oder einem unerfüllt gebliebenen Kinderwunsch. Aber ich glaube nicht, dass dies ihr Verhütungsverhalten in den Wechseljahren beeinflusst.

Wie häufig werden Frauen um die 50 schwanger, und wie oft werden diese Schwangerschaften ausgetragen?

Das ist sehr selten – in den 25 Jahren meiner Praxis als niedergelassene Gynäkologin war die älteste Schwangere 51, sie hatte dann aber eine Fehlgeburt. Die älteste Frau, die ich bis zur Geburt ihres Kindes begleitet habe, war 46.

(Anmerkung der Redaktion: Nach Zahlen des Statistischen Bundesamts wurden in Deutschland im Jahr 2015 insgesamt rund 737.500 Kinder lebend geboren. 2134 der Mütter waren zwischen 45 und 49 Jahre alt, 134 waren 50 Jahre oder älter.)

Wie gehen Frauen am besten mit den Unregelmäßigkeiten ihrer Periode um? Müssen sie jedes Mal einen Schwangerschaftstest machen, wenn die Periode ausbleibt?

Den eigenen Körper gut zu kennen, kann die Einschätzung der Situation erleichtern. Wenn eine Frau zum Beispiel natürlich verhütet hat und weiter ihre Basaltemperatur misst, weiß sie in etwa, ob und wann sie einen Eisprung hatte. Wenn sie nicht konsequent verhütet hat, aber Symptome wie Brustspannen bekommt und ihre Regel ausbleibt, kann sie tatsächlich nur einen Schwangerschaftstest machen, wenn sie sicher sein will. Allerdings sind solche Symptome auch bei verlängerten Zyklen ohne Eisprung häufig: In den letzten Tagen eines überlangen Zyklus spannt die Brust bei vielen Frauen. Wenn eine Frau dann jedes Mal befürchtet, schwanger zu sein, sollte sie entweder konsequent verhüten, oder sie muss eben wiederholt einen Schwangerschaftstest machen.

Diese Unsicherheit ist für viele Frauen schwierig. Wie schwierig, hängt natürlich auch von der Lebenssituation ab beziehungsweise davon, wie sexuell aktiv eine Frau ist. Wenn eine Frau in den Wechseljahren gerade eine sexuell sehr aktive Phase erlebt, bietet zum Beispiel die Spirale eine gute Sicherheit.

Zögert eine Hormontherapie die Menopause hinaus? Müssen Frauen, die Hormone nehmen, also länger verhüten?

Nein, sie zögert die Menopause, also die letzte Regelblutung im Leben einer Frau, nicht hinaus. Auf die Funktion der Eierstöcke haben die Hormone, die gegen Wechseljahrsbeschwerden eingenommen werden, keinen Einfluss. Sie sind ja auch kein Verhütungsmittel. Allerdings bewirken die Hormone, dass die Gebärmutterschleimhaut weiter auf- und abgebaut wird. Deshalb weiß eine Frau, die noch einen regelmäßigen Zyklus hat und eine Hormontherapie macht, dann nicht, wann ihr natürlicher Zyklus aufhört und sie nicht mehr verhüten muss.

Die Hormoneinnahme kann auch den Zeitpunkt verzögern, an dem Wechseljahrsbeschwerden auftreten. Etwa die Hälfte der Frauen, die Hormone nehmen, haben nach Absetzen der Behandlung ähnliche Beschwerden wie vorher. Schließlich muss der Körper auch in diesem Fall den Wechsel von einem hohen Hormonspiegel zu einem niedrigen verkraften.

Welche Rolle spielt die Trauer um den Verlust der Fruchtbarkeit beim Erleben von Wechseljahrsbeschwerden?

Wie Frauen ihre Wechseljahre erleben und wie sie mit Beschwerden umgehen, ist ganz stark von ihrer Lebenssituation und seelischen Verfassung abhängig. Der Verlust der Fruchtbarkeit gehört nach meiner Erfahrung dabei aber zu den kleineren Problemen – damit haben die meisten Frauen schon viel früher abgeschlossen. Die Verknüpfung der Wechseljahre mit dem Älterwerden spielt eine wesentlich größere Rolle. Viele Frauen empfinden es so: Wenn ich meine Periode nicht mehr habe, bin ich alt. Ich glaube, wenn das nicht wäre, wären die Wechseljahre für die meisten auch weniger problematisch.

Seit erwiesen ist, dass die Hormontherapie ernste Nebenwirkungen hat, nehmen Frauen viel weniger Hormone als früher. Hat sich der Umgang mit Wechseljahrsbeschwerden insgesamt geändert?

Ich habe den Eindruck, dass die veränderte Einstellung zur Hormontherapie dazu führt, dass die Symptome der Wechseljahre wieder mehr als natürliches Ereignis gesehen werden. Früher hieß es zum Beispiel immer „Hitzewallungen sind sehr belastend, aber dagegen gibt es ja Hormone“. Heute sind die Frauen eher bereit, Hitzewallungen zu tolerieren, weil sie keine Hormone nehmen wollen. Es ist auch eine Frage der Sichtweise. Über die vielen Beschwerden, die die Veränderungen des Körpers in der Schwangerschaft mit sich bringen, wird zum Beispiel kaum geklagt, weil sie in einem positiven Zusammenhang gesehen werden. Das ist der große Unterschied: Die Wechseljahre gelten immer noch als etwas Negatives. Sie sind mit dem Älterwerden verbunden, mit einer Lebensphase, die mit vielen Veränderungen und auch Verlusten einhergehen kann. Daher machen die Symptome vielen Frauen Angst.

Stand: 10.01.2018