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Auch Männer müssen einen Schwangerschaftsabbruch emotional bewältigen
Ein Schwangerschaftsabbruch („Abtreibung“) kann als Lösung eines Konflikts empfunden werden, aber auch als schmerzhafter Verlust. Erleichterung und gleichzeitig Trauer sind deshalb nicht ungewöhnlich – auch bei Männern.
Beratung ist ein Gesprächsangebot
Männer tun sich manchmal schwer, mit jemandem über Sorgen und Wünsche zu sprechen. Das ist auch bei einer ungeplanten oder ungewollten Schwangerschaft so. Bei Frauen ist vor einem Schwangerschaftsabbruch die Beratung gesetzlich vorgeschrieben und bietet ihnen zugleich die Gelegenheit für ein verständnisvolles Gespräch. Es hilft, widersprüchliche Gefühle zu sortieren, und kann dazu beitragen, den Schwangerschaftsabbruch seelisch zu verarbeiten.
Für Männer ist die Beratung vor einem möglichen Schwangerschaftsabbruch ein freiwilliges Angebot. Sich im Gespräch die eigene Haltung und die Gründe klarzumachen sowie Sorgen und Gedanken zu äußern, kann auch für sie eine große Hilfe sein. Das gilt sowohl vor einem Abbruch als auch für die spätere seelische Verarbeitung des möglichen Abbruchs. Für den Mann geht es hier auch um die Frage, inwieweit er an dem Entscheidungsprozess beteiligt ist und sich in der Lage sieht, die Entscheidung der Frau mitzutragen. Die Auseinandersetzung mit den eigenen Gefühlen ist oftmals die Voraussetzung dafür, dass konstruktive Gespräche mit der Partnerin möglich sind.
Gemeinsam zum Abbruch?
Auch eine ungewollte Schwangerschaft verbindet Mann und Frau auf eine grundlegende Weise miteinander. Wie intensiv diese Verbindung empfunden wird, hängt auch vom gegenwärtigen Zustand der Beziehung ab. Ist sie zukunftsfähig oder in einer Krise? Sind Mann und Frau verliebt oder halten sie es für ausgeschlossen, ein Paar zu werden?
Es kann bei der seelischen Bewältigung eines Schwangerschaftsabbruchs helfen, ihn gemeinsam anzugehen. Dabei kann sich die Frage stellen, ob der Mann die Frau zum Schwangerschaftsabbruch begleitet oder nicht. Dann ist es wichtig, darüber zu sprechen, was die Frau möchte und was der Mann sich zutraut.
Vielleicht möchte die Frau auch lieber allein gehen oder von einer anderen Person begleitet werden. Trotzdem kann der Mann ihr anbieten, nach dem Eingriff für sie da zu sein. Gut für ihn ist vielleicht auch, in dieser Zeit einen Freund oder eine Freundin in der Nähe zu haben.
Gefühle erlauben
Wie Männer einen Schwangerschaftsabbruch erleben und verarbeiten, ist kaum erforscht. Erfahrungen aus der Beratung zeigen, dass manche Männer die plötzliche Schwangerschaft und auch den im Raum stehenden Abbruch gefühlsmäßig nicht an sich heranlassen. Einige Männer glauben, nur die Frau sei emotional davon betroffen. Andere sind der Ansicht, es sei am besten, nicht darüber zu reden und alles möglichst schnell zu vergessen.
Eine schwedische Befragung von Männern, deren Partnerin eine Schwangerschaft abgebrochen hatte, fand heraus, wie widerstreitend die Gefühle der Männer in dieser Situation sein können. Auch viele Männer, die sich im ersten Moment über die Schwangerschaft gefreut hatten, waren später mit einem Abbruch einverstanden. Die meisten beschrieben ihre Empfindungen nach dem Abbruch auf der einen Seite mit Worten wie Erleichterung und Befreiung, auf der anderen Seite wurden Beklemmung, Kummer, Trauer und Schuldgefühle genannt. Widersprüchliche Gefühle zu haben, bedeutet nicht, mit der getroffenen Entscheidung später nicht gut leben zu können.
Was guttun kann
Männer, die ihre Partnerin zum Abbruch begleitet haben, berichten oft, es habe ihnen geholfen, dass sie ausreichende Informationen über den medizinischen Vorgang des Abbruchs selbst und auch über die Schmerzbehandlung der Frau bekommen haben.
Es kann außerdem hilfreich sein, mit einem Freund oder einer Freundin über die Erfahrungen mit dem Abbruch zu sprechen. Nicht zuletzt sollte man mit der Partnerin darüber reden, was sie und was man selbst in diesen Tagen erlebt hat und wie es einem damit geht. Beide sollten Gelegenheit haben, ihre Empfindungen auszudrücken – so oft und so lange dies nötig ist.
Trauern Männer anders als Frauen?
Die Gesellschaft geht im Allgemeinen davon aus, dass Männer einen Schwangerschaftsabbruch weniger schwernehmen als Frauen. Weil sie nicht selbst schwanger sind und sich mit dem ungeborenen Kind weniger verbunden fühlen, sind sie demnach von dem Verlust sowohl körperlich als auch seelisch weniger betroffen. Trauer verarbeiten sie eher aktiv, rational und intellektuell.
Studien über Paare, die eine Fehlgeburt oder einen medizinisch begründeten Abbruch der Schwangerschaft erlebt haben, zeigen jedoch, dass auch (werdende) Väter schon früh eine emotionale Verbindung zu dem ungeborenen Kind entwickeln können und um die beendete Schwangerschaft trauern. Allerdings fühlen sie sich damit von ihrer Umwelt nicht immer akzeptiert.
Auch wenn ein Mann den Schwangerschaftsabbruch am Ende vor allem als „Erlösung“ empfinden sollte, ist Trauer nach einem Verlust doch ein normaler und auch zu erwartender seelischer Prozess.
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