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Beschwerden in der Schwangerschaft: Wie sich der Körper verändert
Wenn eine Frau schwanger wird, verändert sich ihr Körper in außerordentlicher Weise. Und das nicht nur äußerlich: Auch viele Organe der Schwangeren erbringen bemerkenswerte Anpassungsleistungen, damit ein neues Leben entstehen kann. Einige der Veränderungen nehmen Schwangere als positiv wahr, andere dagegen eher als beschwerlich.
Herz, Blut und Gefäße – enorme Leistungssteigerung
In der Schwangerschaft versorgt der weibliche Körper mit einem Mal zwei Organismen: den eigenen und den des sich entwickelnden Kindes. Das Blut muss deshalb mehr Sauerstoff und Nährstoffe transportieren als sonst und auch mehr Abfallstoffe entsorgen. Zum Ende der Schwangerschaft bereitet sich der weibliche Körper zudem auf den Blutverlust während der Geburt vor.
Damit das alles gelingt, erhöht sich die Blutmenge der Frau um bis zu 40 %. Weil hauptsächlich die flüssigen Bestandteile des Blutes zunehmen, wird das Blut verdünnt, wodurch es zu einer Schwangerschaftsanämie kommt. Das bedeutet, der Anteil an roten Blutkörperchen im Blut der Frau ist geringer als sonst. Etwa ab der 5. Schwangerschaftswoche erweitern sich die Blutgefäße, sodass viele Körperteile besser durchblutet sind. Die Schwangere merkt deswegen vielleicht, dass Füße und Hände wärmer sind und die Vulva röter ist als sonst.
Durch die erweiterten Blutgefäße sinkt mit der Schwangerschaft der Blutdruck. Deshalb ist Schwangeren im ersten Drittel der Schwangerschaft vielleicht manchmal schwindlig, oder sie haben Kreislaufprobleme. Durch die weiten Gefäße wird das Blut aus den körperfernen Bereichen nicht mehr so gut zum Herzen zurücktransportiert und versackt leichter. Deshalb neigen schwangere Frauen zu Krampfadern oder entwickeln vorübergehend Ödeme. Die größere Blutmenge und die weiten Gefäße sorgen außerdem dafür, dass das Herz der Schwangeren mehr arbeiten muss als sonst: Der Puls erhöht sich und fühlt sich hart und stark an. Manche Schwangere spüren das als Herzklopfen.
Hinweis: Ödeme können ein Zeichen für eine Schwangerschaftskomplikation sein. Im Text „Schwangerschaftsbeschwerden: Ödeme“ erfahren Sie, wann Sie unbedingt in eine Arztpraxis gehen sollten.
Lunge und Atmung – Sauerstoff für zwei
Schon früh in der Schwangerschaft sorgt das Hormon Progesteron dafür, dass die Schwangere mehr Luft ein- und ausatmet als sonst. Schwangere Frauen atmen dann tiefer, nicht aber unbedingt schneller. Auf diese Weise schaffen sie es in der Regel gut, zwei Organismen mit Sauerstoff zu versorgen.
Dennoch berichten viele Schwangere mit Fortschreiten der Schwangerschaft von gefühlter Atemnot – sowohl in Ruhe als auch unter Belastung. Woran das liegt, ist nicht ganz klar. Auch wenn die wachsende Gebärmutter (Uterus) die Atemmuskulatur behindern kann, weil sie das Zwerchfell hochdrückt, reicht das als Erklärung für die Beschwerden nicht vollständig aus. In den meisten Fällen ist der gefühlte „Lufthunger“ aber nicht mit einer schlechteren Versorgung des Babys oder der Frau verbunden.
Verdauung – alles etwas langsamer
In der Schwangerschaft steht der Verdauungstrakt unter dem Einfluss des Hormons Progesteron. Das liegt daran, dass viele Abschnitte des Verdauungstrakts glatte Muskulatur enthalten. Diese nicht willentlich beeinflussbaren Muskeln transportieren durch ein Zusammenziehen und Erschlaffen den Nahrungsbrei durch den Körper. Progesteron lässt diese glatte Muskulatur schlaffer werden. Das ist nötig, weil auch die Gebärmutter glatte Muskulatur enthält. Während der Schwangerschaft muss die Gebärmutter unbedingt „entspannt“ bleiben, denn Kontraktionen leiten als Wehen die Geburt ein.
Progesteron unterscheidet nicht zwischen der glatten Muskulatur in der Gebärmutter und dem Verdauungstrakt. Die Schwangere bemerkt das zum Beispiel, wenn sich der Ringmuskel zwischen Speiseröhre und Magen nicht mehr richtig zusammenzieht. Durch die aufsteigende Magensäure hat sie Sodbrennen. Wird der Nahrungsbrei langsamer durch den Darm transportiert, dickt er ein oder gärt, kommt es zu Verstopfung und Blähungen.
Dass schwangere Frauen gerade zu Beginn der Schwangerschaft oft mit Übelkeit und Erbrechen zu kämpfen haben, liegt wahrscheinlich an dem Botenstoff GDF-15.
Hinweis: Starke Übelkeit und starkes Erbrechen sollten Sie mit Ihrer Ärztin oder Ihrem Arzt besprechen. Mehr Informationen finden Sie im Text „Übelkeit und Erbrechen“.
Niere und Harnwege – bessere Durchblutung, mehr Urin
Schwangere Frauen müssen häufiger Wasser lassen als sonst. Das hängt unter anderem damit zusammen, dass die wachsende Gebärmutter auf die Blase drückt. Außerdem neigen Schwangere zu behandlungsbedürftigen Blasenentzündungen. Weil auch die Schließmechanismen von Harntrakt und Beckenboden nicht mehr so gut funktionieren, berichten viele Schwangere von Inkontinenz, also dem unbeabsichtigten Abgang von Urin.
Hinweis:Blasenentzündungen und Inkontinenz sind Erkrankungen, mit der Sie zu einer Ärztin oder einem Arzt sollten. Mehr Informationen finden Sie in den jeweiligen Texten.
Psyche und Schlaf – Zeit der Veränderung
Die Schwangerschaft ist für viele Frauen eine Zeit von durchaus auch gemischten Gefühlen. Zwei Drittel der Frauen berichten von Stimmungsschwankungen in der Schwangerschaft. Rund 15 % haben in der Schwangerschaft eine Depression. Ängste oder eine Depression können dann auch der Grund sein, wenn Schwangere von Schlaflosigkeit berichten.
Aber auch andere Ursachen können hinter häufigem Aufwachen in der Nacht stecken: Zum Beispiel ein Restless-Leg-Syndrom. Das kommt bei einem Drittel aller Schwangerschaften vor und zeigt sich durch nächtliches Kribbeln, Schmerzen und/oder einem ständigen Bewegungsdrang der Beine. Der dickere Bauch und der häufigere Harndrang können das Durchschlafen ebenfalls erschweren.
Hinweis: Eine Depression ist eine Erkrankung, die behandelt werden sollte. Erste Anlaufstelle ist meist die Hausarztpraxis oder die gynäkologische Praxis. Suchen Sie umgehend therapeutische Hilfe, wenn es Ihnen psychisch sehr schlecht geht oder Sie Gedanken haben, sich selbst Schaden zuzufügen. Sie können sich rund um die Uhr an die psychiatrische Ambulanz einer Klinik oder an ein sozial-psychiatrisches Zentrum wenden. Auch beim Hilfetelefon der Telefonseelsorge finden Sie Tag und Nacht Hilfe: 0800 / 111 0 111 oder 0800 / 11 10 222.
Bewegungsapparat – Sehnen und Bänder machen Platz für das Baby
Bei der Geburt ist das Becken der Frau eine natürliche Engstelle für das Baby. Schon während der Schwangerschaft sorgen deshalb Hormone dafür, dass dort mehr Beweglichkeit geschaffen wird. Nicht nur Bindegewebe, Sehnen und Bänder lockern sich, sondern auch die knorpeligen und gelenkigen Verbindungen des Beckenrings. Lockert sich die Symphyse, also der knorpelige Spalt des Schambeins, kann das Symphysenschmerzen auslösen, die möglicherweise bis in die Beine ausstrahlen.
Gleichzeitig wird die Wirbelsäule instabiler. Gemeinsam mit dem wachsenden Gewicht der Gebärmutter (Uterus) kann das Rückenschmerzen verursachen. Ein ziehender Schmerz im Bauch, meist auf der rechten Seite, kann durch das sogenannte Mutterband verursacht werden. Es zieht von der Gebärmutter bis in die Vulvalippen (Schamlippen). Mutterbandschmerzen treten oft auf, wenn sich die Schwangere viel bewegt oder im Liegen umgedreht hat.
Geschlechtsorgane – größer und besser durchblutet
Die stärkere Durchblutung in der Schwangerschaft zeigt sich auch an den Geschlechtsorganen: Oft erscheinen die Vulva und die Brustwarzen dunkler als sonst. Weil die Blutgefäße durch die Schwangerschaftshormone erweitert sind, kann es sein, dass das Blut dort „versackt“. Dann zeichnen sich die dickeren Venen an den Brustwarzen ab, oder es bilden sich Krampfadern im Bereich der Vulva. Die gute Durchblutung und eine veränderte vaginale Flora sind der Grund für mehr Ausfluss. Besonders im ersten Drittel der Schwangerschaft kommt es wegen der guten Durchblutung schon bei geringen Verletzungen der Vaginalschleimhaut zu kleinen Blutungen.
Unter dem Hormoneinfluss werden die Geschlechtsorgane außerdem größer. Die Vagina wird länger und dehnbarer. Das ist wichtig, damit später das Baby besser hindurch kann. Schon im ersten Schwangerschaftsdrittel werden zudem die Brüste voller. Manche Frauen merken das als unangenehmes Brustspannen.
Hinweis: Blutungen aus der Vagina müssen mit einer Ärztin oder einem Arzt besprochen werden. Mehr Informationen finden Sie im Text „Blutungen in der Schwangerschaft“. Auch veränderter Ausfluss kann ein Krankheitsanzeichen sein. Näheres lesen Sie im Text „Ausfluss in der Schwangerschaft“.
Zahn und Mundhöhle – jedes Kind ein Zahn?
Es gilt als überholt, dass eine Frau bei jedem Kind einen Zahn verliert. Dennoch sorgen hormonelle Einflüsse dafür, dass es in der Schwangerschaft häufiger zu Zahnfleischbluten und Karies kommt.
Hinweis: Karies und Parodontitis müssen frühzeitig von einer Zahnärztin oder einem Zahnarzt behandelt werden. Mehr Informationen dazu finden Sie im Artikel „Zahnfleischbluten, Karien und Parodontitis“.
Augen – veränderter Druck, verändertes Sehen
Trockene Augen oder Wassereinlagerungen, die zu verschwommenem Sehen führen – die Schwangerschaftshormone wirken sich auch auf die Augen aus. Kommt es zu einem erhöhten Augeninnendruck, ist das jedoch ein Hinweis auf eine Schwangerschaftskomplikation.
Hinweis: Bei Augenbeschwerden sollten Sie mit einer Augenärztin oder einem Augenarzt abklären, ob eine Behandlung nötig ist. Mehr Informationen finden Sie im Artikel „Augenprobleme und Sehschwäche“.
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