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Rheuma und Schwangerschaft

Viele Frauen mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen können eine ganz normale, problemlose Schwangerschaft erleben. Oft bessern sich sogar ihre rheumatischen Beschwerden. Mit guter fachlicher Beratung lassen sich die Risiken für Mutter und Kind auch bei Rheuma gering halten.

Wie wirkt sich die Schwangerschaft auf die rheumatische Erkrankung aus?

© Westend61 / HalfPoint (Szene nachgestellt)

Bei vielen Frauen mit einer rheumatischen Erkrankung verläuft die Schwangerschaft normal. Im Vorhinein lässt sich jedoch schwer sagen, welche Auswirkungen die körperlichen Veränderungen in der Schwangerschaft im Einzelfall auf die rheumatische Erkrankung haben und umgekehrt. Das hängt auch vom konkreten Krankheitsbild ab.
Etwa zwei von drei Frauen mit rheumatoider Arthritis haben im Verlauf der Schwangerschaft weniger Beschwerden als vorher – unabhängig von der Dauer und Schwere der Erkrankung. Gelenkschwellungen und Schmerzen gehen häufig schon im ersten Schwangerschaftsdrittel zurück. Die Gelenkfunktion kann sich so weit verbessern, dass bis zur Geburt weniger oder gar keine Medikamente mehr notwendig sind. Andere Frauen benötigen aber durchaus in der gesamten Schwangerschaft eine medikamentöse Therapie, die mit der Rheumatologin oder dem Rheumatologen abgesprochen werden sollte.

Bei der Bechterewschen Krankheit (Spondyloarthropathien) verändern sich die Beschwerden in der Schwangerschaft wenig. Bei einem Drittel der Schwangeren verstärken sich besonders in der Mitte der Schwangerschaft Schmerzen im Rücken sowie an den Ansatzstellen von Bändern und Sehnen, beispielsweise im Brust- und Beckenbereich. Entzündungen, etwa in den Händen oder Knien, gehen während der Schwangerschaft dagegen oft zurück.

Im Fall einer momentan inaktiven Lupus-Erkrankung und ohne schwere Organbeteiligung braucht die Therapie oftmals nicht geändert zu werden. Während der Schwangerschaft sind neben der normalen Schwangerschaftsvorsorge regelmäßige Kontrollen der Lupus-Aktivität ratsam.

Wenn Sie Rheuma-Patientin sind, lassen Sie sich am besten in der gesamten Schwangerschaft engmaschig von einer Rheumatologin oder einem Rheumatologen begleiten und beraten. Beschwerden wie Müdigkeit, Rückenschmerzen, geschwollene Gelenke oder Taubheitsgefühle in den Händen, die auch gesunde Frauen in der Schwangerschaft haben, lassen sich dann auch besser einordnen.

Am besten geplant schwanger werden

Wenn Sie einen Kinderwunsch haben, ist es gut, die Schwangerschaft möglichst in einer ruhigen Phase der Erkrankung zu planen und dies frühzeitig mit der behandelnden Rheumatologin oder dem Rheumatologen und der Frauenärztin oder dem Frauenarzt zu besprechen. Dabei kann auch geklärt werden, ob die momentane Therapie in der bestehenden Form unbedingt notwendig ist oder an eine Schwangerschaft angepasst werden kann. Begleiterkrankungen wie hoher Blutdruck, Diabetes oder Schilddrüsenerkrankungen sollten vor einer Schwangerschaft gut eingestellt sein.

Allen Frauen mit Kinderwunsch wird empfohlen, vier bis acht Wochen vor der gewünschten Schwangerschaft damit zu beginnen, Folsäure-Präparate einzunehmen. Folsäure senkt nachweislich das Risiko für bestimmte kindliche Fehlbildungen.

Und wenn ich als Rheuma-Patientin ungeplant schwanger werde?

Werden Frauen mit Rheuma ungeplant schwanger und nehmen sie Medikamente ein, dann ist es besonders wichtig, möglichst schnell zu klären, ob sie dem Ungeborenen schaden können und deshalb auf andere Medikamente umgestellt werden sollte.

Bei vielen Medikamenten geht man mittlerweile aber davon aus, dass sie kein erhöhtes Risiko für kindliche Fehlbildungen mit sich bringen. Manche Frauen sorgen sich, weil sie noch Medikamente genommen haben, als sie noch nicht wussten, dass sie schwanger sind. Für die ersten zwei Wochen gilt jedoch: Sollte eine befruchtete Eizelle in dieser Zeit geschädigt werden, stößt der Körper sie ab oder er kann die Schädigung ausgleichen und der Embryo regeneriert sich.

Welche Risiken bestehen für Schwangere mit Rheuma und ihre Kinder?

Die meisten rheumatischen Krankheiten haben keinen Einfluss auf die Gesundheit des Kindes. Das gilt auch dann, wenn in der Schwangerschaft eine Therapie mit geeigneten Medikamenten fortgeführt werden muss. Eine gute Kontrolle der Krankheit ist wichtig, um Komplikationen zu verhindern.

Kindliche Fehlbildungen kommen nach bisherigen Erkenntnissen nicht häufiger vor, wenn die Mutter an Rheuma erkrankt ist.

In einigen Studien wurden bei Schwangeren mit aktiver rheumatoider Arthritis häufiger Präeklampsien und Kaiserschnittentbindungen festgestellt. Auch kamen deren Kinder öfter mit einem geringen Geburtsgewicht zur Welt, was sich jedoch nicht in allen Studien bestätigte.
Auch Kinder von Frauen mit Lupus erythematodes (SLE) kommen meist gesund zur Welt, im Durchschnitt jedoch etwas früher und mit etwas geringerem Geburtsgewicht. Bei aktiver Erkrankung kommt es in der Schwangerschaft häufiger zu einer Präeklampsie.
Bei manchen Frauen mit Lupus erythematodes (SLE) befinden sich sogenannte Antiphospholipid-Antikörper im Blut, die bewirken, dass das Blut schneller gerinnt. In diesem Fall kann die Einnahme von Acetylsalizylsäure (z. B. ASS) und/oder Heparin die Schwangerschaft schützen. Ab der 20. Schwangerschaftswoche sind dann auch regelmäßige Blutdruckmessungen und Eiweißbestimmungen im Urin besonders wichtig. Mit einer Doppler-Ultraschalluntersuchung sollten ab der Mitte der Schwangerschaft das kindliche Wachstum und die Plazentafunktion wiederholt überprüft werden.

Ungefähr jede dritte SLE-Patientin hat sogenannte SS-A(Ro)/SS-B(La)-Antikörper im Blut. Wird eine Frau mit diesen Antikörpern schwanger, führt das in bis zu 5 % der Fälle beim Ungeborenen zu einer Verlangsamung des Herzschlags. Ab der 18. Schwangerschaftswoche werden deshalb spezielle Ultraschall-Untersuchungen empfohlen (fetale Echokardiografie), um die Störung rechtzeitig erkennen und behandeln zu können. In seltenen Fällen (1 bis 2 % bekommt das Kind einige Wochen nach der Geburt einen Hautausschlag, der vorübergehend und harmlos ist und nicht behandelt werden muss. Auch Blutbildveränderungen beim Kind sind möglich.

Rheuma-Medikamente in der Schwangerschaft

Da Medikamente nicht an Schwangeren getestet werden dürfen, stützen sich die Erkenntnisse über deren Wirkung während der Schwangerschaft und Stillzeit hauptsächlich auf Tierversuche sowie Erfahrungswerte (Sammlungen von Daten aus Beobachtungsstudien oder Registern).

Es gibt eine Reihe von Rheuma-Medikamenten, die nach den verfügbaren Daten und Erfahrungen in der Schwangerschaft auf keinen Fall eingenommen werden dürfen. Sie sollten rechtzeitig vor einer Schwangerschaft abgesetzt werden. Andere dürfen nur bis zu einem bestimmten Zeitpunkt eingenommen werden, manche nur gezielt bei einem Krankheitsschub (siehe auch „Weitere Informationen“).

Wichtig ist, dass Sie sich fachärztlich beraten lassen, um in Ihrem speziellen Fall abzuklären, welche Medikamente Sie in welcher Dosis während der Schwangerschaft und Stillzeit nehmen können, ohne sich selbst oder Ihrem Kind zu schaden.

Können Frauen mit Rheuma eine vaginale Geburt haben oder ist ein Kaiserschnitt nötig?

Die meisten Frauen mit Rheuma können ihr Kind auf natürlichem Weg zur Welt bringen. Ist die Beweglichkeit nicht zu stark eingeschränkt, gilt dies auch für Frauen mit Morbus Bechterew. Am besten besprechen Sie vor der Geburt mit der Hebamme und der Ärztin oder dem Arzt, welche Geburtspositionen es gibt, die den Rücken entlasten, und welche Mittel zur Schmerzlinderung bei der Geburt in Frage kommen.
Im Vergleich zu gesunden Frauen kommt es bei Frauen mit rheumatischen Erkrankungen deutlich häufiger zu einem Kaiserschnitt. Oft liegt dies nicht an der Krankheit selbst, sondern geht auf einen Vorschlag des geburtshilflichen Teams oder auf den Wunsch der Schwangeren zurück. Ist die Beweglichkeit durch schmerzende Gelenke beeinträchtigt oder die Muskulatur geschwächt, fühlen sich manche Frauen zusätzlich starken Geburtswehen oder einer länger dauernden Geburt nicht gewachsen.

In der Regel werden die Kinder um den errechneten Termin herum gesund und reif geboren. Bei Kindern von Frauen mit Lupus erythematodes und SSB-Antikörpern ist zu empfehlen, nach der Geburt einmalig ein Elektrokardiogramm schreiben zu lassen, um den Herzrhythmus zu kontrollieren.

Stillen und Rheuma

Sie können Ihr Kind stillen, wenn die Erkrankung stabil ist und keine Medikamente eingesetzt werden müssen, die dagegensprechen. Bei bestimmten Medikamenten wird vom Stillen abgeraten. Oft können sie aber durch andere Medikamente ersetzt werden, die auch in der Stillzeit eingenommen werden dürfen. Nicht bedenklich sind entzündungshemmende Arzneien und Schmerzmittel, die nur sehr kurzzeitig wirken.

Stillen hat keinen Einfluss auf den nachgeburtlichen Rheuma-Schub bei Rheumatoider Arthritis. Lassen Sie sich zur Frage des Stillens von Ihrer Rheumatologin oder Ihrem Rheumatologen und einer erfahrenen Hebamme beraten.

Die erste Zeit mit dem Baby

Wichtig für Sie und Ihren Partner ist es, auf die Veränderungen vorbereitet zu sein, die ein neues Kind mit sich bringt: unterbrochener Schlaf, Müdigkeit und Stress. Am besten, Sie planen für die Zeit des Wochenbetts schon vorher möglichst viel Unterstützung ein. Die Nachsorge durch eine erfahrene Hebamme und ein regelmäßiger Austausch mit einer Rheuma-Expertin oder einem -Experten sowie die Unterstützung durch Familie, Freundinnen und Freunde können Ihnen dabei helfen, die zusätzlichen Herausforderungen nach der Geburt zu meistern und sich in den Alltag mit dem Kind einzufinden.

Je nach Ihrer persönlichen Situation kommen möglicherweise auch Familienhilfe, eine über die gesetzliche Krankenkasse finanzierte Haushaltshilfe oder andere spezielle Hilfen für behinderte und chronisch kranke Eltern für Sie in Betracht.

Privat versicherte Frauen erkundigen sich am besten bei ihrer Krankenkasse, welche Kosten sie übernimmt.

Innerhalb des ersten Jahres nach der Geburt tritt bei annähernd neun von zehn Frauen mit Rheuma ein neuer Krankheitsschub auf – unabhängig davon, wie die Geburt verlaufen ist, ob spontan, mit einer Periduralanästhesie (PDA) oder mit einem Kaiserschnitt. Wenn der Schub schnell behandelt wird, klingen die verstärkten Krankheitssymptome wieder ab, so dass es zu keiner dauerhaften Verschlechterung kommt.

Stand: 28.02.2019