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Das Wochenbett nach einer Frühgeburt
Wenn ein Kind zu früh auf die Welt kommt, ist vieles anders, als es sich die Eltern vorgestellt haben. Oft brauchen Eltern und Kind nach der Geburt erst einmal viel Unterstützung.
Zu früh geboren: Wie geht es direkt nach der Geburt weiter?
Kommt ein Baby vor der 37. Schwangerschaftswoche auf die Welt, also mehr als vier Wochen vor dem Geburtstermin, spricht man von einer Frühgeburt (mehr Informationen dazu auch im Text „Wenn es der Nachwuchs eilig hat“). Für viele Eltern ist es zunächst ein Schock, wenn das Baby so früh kommt – vor allem, weil der Begriff „Frühgeburt“ schnell die Vorstellung eines winzigen Babys im Brutkasten einer Intensivstation entstehen lässt.
Wie es direkt nach der Geburt weitergeht, hängt stark davon ab, wieviel zu früh das Baby auf die Welt gekommen ist, und wie gut es Mutter und Kind geht:
- Sind beide stabil und wohlauf, spricht nichts dagegen, dass Mutter und Kind auf die ganz normale Wochenbett-Station kommen. Dort sind die beiden meistens im selben Zimmer untergebracht (Rooming-in).
- In einigen Fällen benötigt ein Frühgeborenes aber auch eine intensivere medizinische Betreuung. Dann kann es nötig sein, dass das Baby auf der Kinderstation überwacht wird. Ärztinnen und Ärzte wägen diese Entscheidung in aller Regel gründlich ab, weil Mutter und Kind dazu getrennt untergebracht werden müssen. Auf der Kinderstation gibt es ein Neugeborenen-Zimmer, in dem das medizinische Personal das Baby gut im Blick hat. Hier stehen zum Beispiel ein Wärmebettchen und medizinische Geräte wie ein Monitor. Die Eltern können ihr Baby auf der Kinderstation besuchen. Für Mütter, die stillen, gibt es im Neugeborenen-Zimmer vieler Häuser auch Stillsessel.
- Nur wenn ein Frühgeborenes sehr viel Unterstützung braucht, kommt es nach der Geburt auf die Neugeborenen-Intensivstation. Hier gibt es die Möglichkeit, das Baby in einem Inkubator („Brutkasten“) unterzubringen. Er stellt die Bedingungen im Mutterleib gut nach, so dass das Baby sich möglichst gesund weiter entwickeln kann.
Wenn intensivere Hilfe nötig ist
Je früher ein Kind geboren wird, umso weniger Zeit hatten die Organe des Kindes, sich zu entwickeln. Manche Körperfunktionen wie das Atmen, die Verdauung oder das Immunsystem funktionieren dann noch nicht richtig. Auf der Neugeborenen-Intensivstation gibt es aber viele Möglichkeiten, das Baby zu unterstützen, zum Beispiel:
- Ist die Lunge des zu früh geborenen Kindes noch nicht komplett ausgereift, braucht es Unterstützung bei der Atmung. Das ist bei immerhin 30 bis 50 Prozent der Babys der Fall, die vor der 32. Schwangerschaftswoche auf die Welt kommen. Dann hilft zum Beispiel eine kleine Sauerstoff-Maske beim Atmen, die dem Baby über Mund und Nase gelegt wird. Es kann auch sein, dass das Baby intubiert werden muss, also ein Schlauch über den Mund in die Atemwege eingeführt wird.
- Möglicherweise funktioniert auch die Verdauung des Babys noch nicht richtig. Dann kann es sein, dass das Baby zunächst über eine Infusion mit den wichtigsten Nährstoffen versorgt wird.
Unter solchen Bedingungen kann es herausfordernd sein, das grundlegende Bedürfnis des Babys nach elterlicher Nähe zu stillen. Das Fachpersonal wird dennoch versuchen, den Eltern möglichst häufig Körperkontakt mit ihrem frühgeborenen Kind zu ermöglichen. So haben Eltern und Kind trotzdem die Möglichkeit, eine Bindung aufzubauen. Bei der so genannten Känguru-Methode wird dazu das nur mit einer Windel bekleidete Neugeborene für einige Stunden am Tag an die nackte Brust der Mutter oder des Vaters gelegt (siehe FAQ).
Körperkontakt und Nähe sind für alle Kinder grundlegende Bedürfnisse. Auch wenn Mutter und Frühgeborenes aus medizinischen Gründen getrennt werden müssen, sollen diese Bedürfnisse trotzdem gestillt werden. Sobald das Baby „stabil“ ist, dürfen die Eltern deshalb mit ihm „känguruen“. Auf der nackten Brust der Mutter oder des Vaters und mit einem warmen Tuch bedeckt nimmt es die Körperwärme der Eltern, ihren Herzschlag, die Atmung und den Geruch wahr und erfährt die Eltern so mit allen Sinnen.
Das gilt umgekehrt natürlich auch für die Eltern. Dies hilft, die so wichtige emotionale Bindung zueinander aufzubauen und die zu frühe Trennung von Mutter und Kind ein wenig auszugleichen.
Frühchen, die häufig „känguruen“, zeigen erfahrungsgemäß weniger Anzeichen von Stress, sie atmen stabiler, schlafen besser und entwickeln sich schneller als Kinder, die weniger Hautkontakt haben.
Auch wenn Frühchen-Eltern jetzt ganz andere Sorgen haben, dürfen sie nicht vergessen, ihr Kind bei der Krankenkasse anzumelden. Gesetzlich Versicherte schicken einfach die dafür vorgesehene Kopie der Geburtsurkunde an ihre Krankenkasse. Privat versicherte Eltern müssen die Krankenversicherung des Kindes regeln; dies gilt auch, wenn die Eltern unterschiedlich versichert sind. Wenn die Eltern unverheiratet sind und das Kind in die Krankenkasse des unverheirateten Vaters aufgenommen werden soll, benötigt dessen Krankenkasse die Vaterschaftsanerkennung.
Das Frühgeborene stillen
Muttermilch ist auch für Frühgeborene die optimale Ernährung. Ist das Kind fit genug, um zu saugen und die Muttermilch zu verdauen, spricht nichts gegen das Stillen.
Selbst wenn das Kind zunächst noch sehr klein ist und kaum Milch trinken kann, können beim „Känguruen“ bereits die ersten Stillversuche gemacht werden. Über kurz oder lang wird das Kleine zu saugen beginnen und ein wenig trinken.
Manche Frühgeborenen sind allerdings noch nicht dazu in der Lage, Milch zu verdauen. Bis es soweit ist, werden die Babys über eine Infusion ernährt. Sobald ein Kind Milch trinken kann, wird es nach Möglichkeit angelegt oder mit abgepumpter Muttermilch versorgt.
Bis ihr Kind an der Brust trinken kann, müssen manche Frühchen-Mütter mit Stillwunsch ihre Milch abpumpen. Dies ist gerade in den ersten zehn Tagen nach der Geburt wichtig, damit sich die Brust auf das Stillen einstellen kann und später genügend Milch produziert. Wie sie ihre Milch gewinnen, aufbewahren und bereithalten, lernen Mütter am besten noch in der Klinik. Auch die meisten Frühgeborenen-Stationen bieten Anleitung und Hilfe durch Stillberaterinnen an.
Endlich mit dem Baby zuhause
Wenn ein Frühgeborenes nach Hause darf, ist die Zeit der größten Sorgen meist erst einmal vorbei. Aber selbst für erfahrene Eltern kann die Pflege eines zu früh geborenen, möglicherweise nicht ganz gesunden Säuglings eine Herausforderung sein.
Frühchen brauchen nach der Entlassung aus der Klinik meist eine Weile, um sich umzustellen. Ein früh geborenes Kind verhält sich häufig anders, als es die Eltern vielleicht von reif geborenen Geschwisterkindern kennen. Sie reagieren zum Beispiel oft sehr empfindlich auf die vielen Veränderungen und neuen Reize in der neuen Umgebung.
Manche Frühgeborene haben zudem mit speziellen Herausforderungen zu tun. Vielleicht muss ihre Atmung und Herzfrequenz noch eine Zeitlang durch einen Monitor überwacht werden.
Eine wertvolle Unterstützung in der ersten Zeit zu Hause ist die Begleitung durch eine Hebamme und/oder eine Pflegefachkraft. Zusätzlich ist es während der Zeit des Klinikaufenthalts und danach möglich, eine Haushaltshilfe zu bekommen. Wenn ein ärztliches Attest den Bedarf bescheinigt, übernehmen die Krankenkassen die Kosten.
Einige Kliniken bieten eine familienorientierte Nachsorge für Eltern und ihre frühgeborenen Kinder an. Fachkräfte aus Kinderkrankenpflege, Medizin, Ernährungsberatung, Sozialpädagogik und Psychologie stehen Eltern schon während der Zeit zur Seite, die das Kind auf der Neugeborenen-Station (Neonatologie) verbringen muss. Beratung und praktische Unterstützung beim Umgang mit dem Frühchen, beim Stillen oder „Känguruen“ können jederzeit in Anspruch genommen werden.
In der Nachsorge bekommen Eltern zudem Anleitung zur Betreuung und Pflege ihres Kindes zu Hause. So können sie mehr Sicherheit und Zutrauen in die eigenen Fähigkeiten gewinnen. Wichtig sind auch Informationen über die Aufgaben und Möglichkeiten von Ärztinnen und Ärzten sowie Therapeutinnen und Therapeuten verschiedener Fachrichtungen, außerdem von Spezialkliniken, der ambulanten Kinderkrankenpflege, von Frühfördereinrichtungen, Sozialpädiatrischen Zentren und der Familienhilfe.
Nicht zuletzt bieten Selbsthilfegruppen oft hilfreiche Austauschmöglichkeiten für betroffene Eltern.
Die Frühgeburt verarbeiten: Hilfe bei psychischen Krisen
Wenn die akute Gefahr für das Kind vorbei ist, ist die Erleichterung der Eltern meist groß. Gleichzeitig kann sich dann das ganze Ausmaß ihrer psychischen und körperlichen Erschöpfung zeigen. Sich rechtzeitig Unterstützung zu suchen, beugt tiefergehenden psychischen Krisen vor. Auf die eigenen Kräfte zu achten und sie gut einzuteilen ist wichtig, um das Kleine auch zu Hause so gut wie möglich pflegen und in seiner Entwicklung fördern zu können.
Es gibt Hinweise, dass Frühchen-Mütter nach der Geburt starke Ängste, Schuldgefühle oder eine Depression entwickeln können. Um solche Krisen überwinden und für das Kind da sein zu können, kann therapeutische Hilfe sinnvoll sein.