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Pränataldiagnostik – was kann erkannt werden?
Angeborene Beeinträchtigungen sind selten. Eine Garantie, dass auch das eigene Kind ohne Beeinträchtigung auf die Welt kommt, gibt es aber nicht. Denn auch die Pränataldiagnostik erkennt nur bestimmte Erkrankungen.
Ursachen und Arten von Beeinträchtigungen
Damit aus einer befruchteten Eizelle ein kleiner Mensch entsteht, laufen unzählige Entwicklungsschritte ab. Obwohl der Vorgang komplex ist und Mutter und Kind vielen Einflüssen aus der Umwelt ausgesetzt sind, passieren dabei verhältnismäßig wenige Fehler. Kommt es in seltenen Fällen dennoch zu einer angeborenen Beeinträchtigung des Kindes, hat das unterschiedliche Ursachen:
- Ein Teil der angeborenen Entwicklungsstörungen ist genetisch bedingt (etwa 14 bis 17 %). Solche Erkrankungen werden vererbt oder entstehen zufällig bei der Verschmelzung von Ei- und Samenzelle.
- 7 bis 10 % der Entwicklungsstörungen lassen sich auf Umwelteinflüsse während der Schwangerschaft zurückführen. Dazu zählen Infektionen der Mutter (zum Beispiel Toxoplasmose), chronische Erkrankungen der Mutter (etwa ein Diabetes mellitus), Strahlenbelastung oder Medikamente.
- In den meisten Fällen aber lässt sich die Ursache für eine Entwicklungsstörung nicht ermitteln oder es gibt mehrere Ursachen gleichzeitig.
Hat das ungeborene Kind eine schwerwiegende Beeinträchtigung, kommt es oft zu einer Fehlgeburt, häufig schon im ersten Drittel der Schwangerschaft. Deshalb spüren frühe Tests auch Abweichungen auf, bei denen die Schwangerschaft von selbst mit einer Fehlgeburt geendet hätte.
Welche angeborenen Fehlbildungen und Erkrankungen sind am häufigsten?
In Europa gibt es ein zentrales Melderegister, das die Daten von Kindern mit angeborenen Entwicklungsstörungen sammelt und veröffentlicht. Am häufigsten werden dort Fehlbildungen des Herzens gemeldet (ungefähr 8 von 1000 Geburten). Am zweithäufigsten sind genetisch bedingte Erkrankungen bei etwa 6 von 1000 Geburten. Etwa 3 von 1000 Kindern kommen mit einer Fehlbildung der Nieren oder des Harnsystems auf die Welt und etwa 3 von 1000 Kindern haben eine Fehlbildung des zentralen Nervensystems. Die Zahlen sagen aber nichts darüber aus, wie stark eine Fehlbildung ist und wie sehr das Kind dadurch beeinträchtigt wird. Die folgenden Beispiele zeigen, was eine Beeinträchtigung konkret für das Kind bedeuten kann.
Angeborene Herzfehler – oft gut behandelbar
Häufigkeit: Bei 80 von 10.000 schwangeren Frauen hat das Ungeborene einen Herzfehler, der sehr unterschiedlich ausgeprägt sein kann.
Herzfehler wirken sich meist erst nach der Geburt aus, wenn sich der kindliche Kreislauf umstellt und das Neugeborene selbstständig atmen muss. Viele kindliche Herzfehler sind gut behandelbar, weshalb die Kinder oft ein weitgehend normales Leben führen. Manchmal können kindliche Herzrhythmusstörungen schon während der Schwangerschaft behandelt werden, indem die Frau Medikamente einnimmt. Außerdem kann es Sinn machen, das Kind in einer spezialisierten Klinik zu bekommen, wo es direkt nach der Geburt optimal unterstützt wird.
Fehlbildungen an Wirbelsäule, Rückenmark und Gehirn
Häufigkeit: Etwa 30 von 10.000 Neugeborenen haben eine Fehlbildung am zentralen Nervensystem. 5 von 10.000 Kindern haben einen offenen Rücken (Spina bifida), etwa ebenso viele haben einen sogenannten Wasserkopf (Hydrozephalus).
Wenn sich das Baby im Mutterleib entwickelt, sind Rückenmark und Gehirn zunächst nur als längliches, röhrenartiges Gebilde angelegt (Neuralrohr). Kommt es bei der Weiterentwicklung zu Fehlbildungen, werden sie deshalb auch als Neuralrohrdefekte bezeichnet. In der Folge kann es zum Beispiel zu einem offenen Rücken (Spina bifida) kommen. Je nachdem, wo sich der Defekt befindet, sind leichte Lähmungen möglich, die Probleme beim Gehen verursachen – bis hin zur Gehunfähigkeit. In der Regel haben die Kinder Entleerungsstörungen von Darm und Blase. Zusätzlich kann der Kopf stark vergrößert sein, wenn die Abflusswege des Hirnwassers gestört sind (Hydrozephalus bzw. Wasserkopf). Solche Fehlbildungen werden oft früh erkannt, meist beim Ultraschall. Wichtig ist dann eine sorgfältige Geburtsplanung und eine kompetente medizinische Versorgung des Neugeborenen in einem Spezialzentrum. Inzwischen ist es möglich, den offenen Rücken schon vor der Geburt zu operieren.
Die schwerwiegendste dieser Fehlbildungen ist die Anenzephalie. Dabei haben sich Teile des Schädelknochens und des Gehirns nicht entwickelt. Diese Kinder sterben kurz nach der Geburt.
Veränderungen im Erbgut: Chromosomen-Abweichungen
Der Mensch hat in jeder Zelle 23 Chromosomenpaare, die das Erbgut enthalten. Es kann passieren, dass die Anzahl der Chromosomen oder der Aufbau der Chromosomen verändert ist. Dann kommt es zum Beispiel zu folgenden Erkrankungen:
Trisomie 21 (Down-Syndrom):
Häufigkeit: Unter 10.000 schwangeren Frauen sind etwa 20, deren Kind eine Trisomie 21 hat. Dies entspricht einem Risiko von 1 : 500. Mit dem Alter der Frau steigt die Wahrscheinlichkeit für eine Trisomie 21 des Kindes an. Bei einer 25-Jährigen kommt es bei 8 von 10.000 Geburten zur Trisomie 21, bei einer 35-Jährigen bei 29 von 10.000 Kindern und bei 40-Jährigen bei 100 von 10.000 Kindern.
Bei einer Trisomie 21 liegt das Chromosom 21 dreifach statt zweifach vor. Die Kinder entwickeln sich meist langsamer, sowohl in ihren Bewegungen als auch geistig. Einige brauchen viel Unterstützung, andere führen später ein weitgehend selbstständiges Leben. Wie sehr das Kind insgesamt beeinträchtigt sein wird, lässt sich in der Schwangerschaft nicht vorhersagen. Knapp die Hälfte der Kinder mit Trisomie 21 hat einen Herzfehler, etwa 9 % haben eine Darmverengung oder einen Darmverschluss, was operativ behoben wird.
Trisomie 18 (Edwards-Syndrom), Trisomie 13 (Pätau-Syndrom):
Häufigkeit: Von 10.000 schwangeren Frauen tragen etwa sechs ein Kind mit Trisomie 18 und zwei eines mit Trisomie 13.
Bei diesen Erkrankungen liegen die Chromosomen 18 oder 13 dreifach vor. Die Kinder haben oft Fehlbildungen an Kopf und Gehirn, Herz, Gliedmaßen und/oder anderen Organen. Die meisten Kinder sterben bereits in der Schwangerschaft oder in den ersten Wochen nach der Geburt.
Monosomie X (Ullrich-Turner-Syndrom):
Häufigkeit: Bei etwa 3 von 10.000 schwangeren Frauen hat das Kind ein Ullrich-Turner-Syndrom.
Dies ist eine Abweichung der Geschlechts-Chromosomen, von der nur Mädchen betroffen sind. Die Mädchen haben entweder nur ein weibliches Geschlechtschromosom (X-Chromosom) oder eines der beiden X-Chromosomen ist verändert. Mädchen mit Turner-Syndrom sind kleiner als der Durchschnitt und fast immer unfruchtbar. Oft benötigen sie Medikamente, damit die Pubertät einsetzt. Die größten gesundheitlichen Einschränkungen sind Veränderungen am Herz und an den Blutgefäßen. Mädchen mit Turner-Syndrom haben eine durchschnittliche Intelligenz, aber häufiger Probleme mit abstraktem Denken und zum Beispiel eine Rechenschwäche.
Klinefelter-Syndrom:
Häufigkeit: Unter 10.000 Schwangeren sind etwa 10, deren Ungeborenes ein Klinefelter-Syndrom hat.
Diese Störung ist eine Abweichung der Geschlechts-Chromosomen, die nur Jungen betrifft. Die Jungen haben zu viele Geschlechtschromosomen, meist ein zusätzliches X-Chromosom. Oft sind die Symptome so unauffällig, dass die Chromosomen-Abweichung unbemerkt bleibt. Die Jungen sind meist überdurchschnittlich groß. Die Hoden sind dagegen in der Regel klein und produzieren nicht ausreichend Testosteron, sodass die Betroffenen fast immer unfruchtbar sind. Jungen mit Klinefelter-Syndrom sind durchschnittlich intelligent, brauchen aber manchmal etwas mehr Unterstützung in ihrer motorischen und geistigen Entwicklung.
Amboss (2024). Neuralrohrdefekte. Webartikel zur Klinischen Praxis Im Amboss-Onlineportal.
Backeljauw, P. (2023). Clinical manifestations and diagnosis of Turner syndrome. UpToDate Onlineportal.
Deutsches Zentrum für Fetalchirurgie und minimalinvasive Chirurgie (DZFT) (2023). Herzrasen mit Herzversagen (Fetal supraventrikuläre Tachykardie). Artikel auf der Website des DZFT.
European network of population-based registries for the epidemiological surveillance of congenital anomalies (EUROCAT) (2023). Prevalence Charts and Tables. Website der Europäischen Kommission.
Schneider, H., Husslein, P. & Schneider, K.-T. M. (2016). SAST. Die Geburtshilfe. 5.Auflage, Springer Verlag.