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Blind oder sehbehindert ein Kind bekommen

Mit dem positiven Schwangerschaftstest beginnt ein neuer Lebensabschnitt. Für Schwangere, die nicht oder nur wenig sehen können, ist es jetzt gut zu wissen, wer ihnen die vielen kleinen und großen Fragen beantworten kann.

Schwangerschaft und Sehbehinderung

© BZgA/HN/Eichhoefer

Bei einer Sehbehinderung spricht grundsätzlich nichts gegen eine Schwangerschaft. Das gilt auch für die diabetische Retinopathie, extreme Kurzsichtigkeit oder den grünen Star (Glaukom). Bei der Geburt erhöhen die Presswehen im Allgemeinen nicht das Risiko für Risse in der Netzhaut oder für Blutungen in den Augen. Eine Sehbehinderung ist deshalb auch kein Grund für einen Kaiserschnitt.

Wenn Frauen wegen ihrer Sehbehinderung regelmäßig Medikamente nehmen, sollten sie wenn möglich schon vor der Schwangerschaft alle notwendigen augenärztlichen Kontrollen machen lassen. Wichtig ist auch, mit der Ärztin oder dem Arzt zu besprechen, ob die Medikamente während der Schwangerschaft und Stillzeit unverändert eingenommen werden können. Informationen dazu bietet das unabhängige Portal Embryotox.

Austausch mit anderen sehbehinderten Eltern

Schwanger zu sein oder Vater zu werden bedeutet, sich in vielen Bereichen des Alltags neu zu orientieren. Deshalb kann es hilfreich sein, mit anderen sehbehinderten Eltern darüber zu reden, welche Erfahrungen sie in der Schwangerschaft und Säuglingszeit gemacht haben. Informationen zu Kontaktmöglichkeiten finden Sie am Ende dieses Textes. Andere sehbehinderte Eltern können wertvolle Tipps und Informationen zum Beispiel zu diesen Fragen geben:

  • In welcher gynäkologischen Praxis haben sie sich während der Schwangerschaft gut aufgehoben gefühlt?
  • Welche Hebammen konnten mit der Sehbehinderung der werdenden Mutter (und gegebenenfalls des werdenden Vaters) vor und nach der Geburt gut umgehen?
  • Welche Absprachen mit der Hebamme und dem Kreißsaal-Team der Geburtsklinik oder des Geburtshauses waren hilfreich?
  • Mit welchem Kranken- oder Geburtshaus haben sie gute Erfahrungen gemacht?
  • Welche technischen Hilfsmittel haben die Versorgung des Babys erleichtert?

Schwangerschaftstest, Vorsorge und Mutterpass

Mit dem positiven Schwangerschaftstest fängt alles an. Vielleicht ist Ihr sehender Partner oder Ihre beste Freundin dabei, um den Test abzulesen. Sie können auch einen Farbscanner zu Hilfe nehmen oder den Test bei der Frauenärztin oder dem Frauenarzt machen lassen.

Bei der ersten Vorsorgeuntersuchung stellt die Frauenärztin oder der Frauenarzt den Mutterpass aus. Im Mutterpass dokumentieren die Ärztin, der Arzt und die Hebamme alle wichtigen Daten über die Schwangere und den Verlauf der Schwangerschaft. Diese Angaben sind für die Geburt oder im medizinischen Notfall wichtige Informationen. Deshalb ist es gut, den Mutterpass immer dabei zu haben. Den Mutterpass gibt es jedoch nicht in Brailleschrift. Zudem werden alle persönlichen Angaben handschriftlich eingetragen. Sie können aber von jedem wichtigen Eintrag eine Sprachnotiz machen und diese in einem digitalen Ordner für sich speichern.

Hilfreich: eine Beleghebamme

Es ist gut, sich frühzeitig in der Schwangerschaft Menschen zu suchen, die nicht nur Fachwissen, sondern auch genügend Zeit für die manchmal besondere Situation von Menschen mit einer Sinnesbeeinträchtigung haben. Neben der Frauenärztin oder dem Frauenarzt kann das vor allem eine Hebamme sein – am besten eine sogenannte Beleghebamme.

Eine Beleghebamme arbeitet freiberuflich, hat aber mit einem bestimmten Krankenhaus vereinbart, dass sie den Kreißsaal dort benutzen kann. Der Vorteil ist, dass die Schwangere während der Geburt von der Hebamme begleitet wird, die sie während der Schwangerschaft kennengelernt und zu der sie ein Vertrauensverhältnis aufgebaut hat. Mit ihr kann sie vorher Wünsche und Sorgen in Bezug auf die Geburt besprechen. Die Beleghebamme ist während der Geburt nur für sie da und kann nach der Geburt auch die Wochenbett-Betreuung (Nachsorge) übernehmen.

Allerdings gibt es nicht in jeder Stadt und Gemeinde genügend Beleghebammen. Deshalb ist es gut, wenn Sie sich sehr frühzeitig in der Schwangerschaft darum kümmern.

Steht keine Beleghebamme zur Verfügung, ist es sehr zu empfehlen, frühzeitig Kontakt mit dem Kreißsaal-Team der Geburtsklinik aufzunehmen. Mit den Hebammen, Ärztinnen und Ärzten dort können Sie dann die Abläufe im Kreißsaal und auf der Wochenstation besprechen. Außerdem können Sie sich mit den Räumlichkeiten schon ein wenig vertraut machen. Sollte ein Kaiserschnitt notwendig werden, kann besprochen werden, was dabei beachtet werden muss.

Gibt es in der Schwangerschaft keine Komplikationen, kann das Baby nicht nur in einer Klinik, sondern auch in einem Geburtshaus oder zu Hause zur Welt gebracht werden.

Ein Kurs zur Geburtsvorbereitung

Hebammen und Krankenhäuser bieten Kurse an, in denen Sie sich auf die Geburt vorbereiten können, entweder allein oder zusammen mit Ihrem Partner. In einem solchen Kurs wird zum Beispiel über folgende Themen gesprochen:

  • Woran merke ich, dass die Geburt anfängt?
  • Wie verläuft eine Geburt?
  • Welche Geburtsarten gibt es?
  • Wie kann ich trotz der Schmerzen entspannen? Was hilft gegen die Schmerzen?
  • Wann muss ein Kaiserschnitt gemacht werden?
  • Wie kann mich mein Partner unterstützen?

Die gesetzlichen Krankenkassen übernehmen für die Schwangere die Kosten des Kurses. Nimmt der Partner an dem Kurs teil, muss er das in vielen Fällen selbst bezahlen. Inzwischen übernehmen jedoch immer mehr Krankenkassen die Kosten für werdende Väter ganz oder anteilig. Es lohnt sich deshalb, bei der Krankenkasse nachzufragen.

Privat versicherte Frauen erkundigen sich am besten bei ihrer Krankenkasse, welche Kosten sie übernimmt.

Die erste Zeit mit dem Baby

Die meisten Mütter bleiben nach der Geburt für ein paar Tage auf der Wochenstation im Krankenhaus. Hier können sie sich erholen und das Baby wird gut versorgt. Gesetzlich versicherte Frauen haben nach der Geburt zwölf Wochen lang einen Anspruch auf die Unterstützung einer Hebamme, bei Bedarf auch noch länger. Bis zum zehnten Tag nach der Geburt macht die Hebamme in der Regel täglich Hausbesuche, danach nach Absprache. Die Hebamme betreut Mutter und Kind und gibt Tipps für das Stillen und die Säuglingspflege.

Bei Bedarf kann vielleicht eine Rehabilitationslehrerin bei der Krankenkasse oder dem zuständigen Sozialhilfeträger beantragt werden. Sie kann helfen, mit den neuen Anforderungen in der Babypflege und im Haushalt zurechtzukommen. Beim Bundesverband der Rehabilitationslehrer/ -lehrerinnen für Blinde und Sehbehinderte e.V. können Sie nach einer Rehabilitationslehrerin in Ihrer Nähe suchen.

Beide Eltern brauchen Zeit, ihr Baby kennenzulernen. Wann braucht es Ruhe, wann Anregung, wann die Brust oder die Flasche? Wie lässt es sich am besten beruhigen, welche Liege- oder Haltestellung gefällt ihm am besten? Das alles müssen Sie als Mutter und Vater erst herausfinden. Das Kind hilft Ihnen dabei: Mit seinen Reaktionen zeigt es, was es wann und wie am besten haben möchte.

Sind junge Eltern unsicher, erschöpft oder überfordert, braucht es gute Freundinnen und Freunde oder Familienangehörige, die ihnen Mut machen und bereit sind, sie bei Bedarf zu unterstützen.

Erkundigen Sie sich außerdem nach einer Möglichkeit, schon vor der Geburt einen Kurs in Säuglingspflege für blinde und sehbehinderte Eltern zu besuchen, auch um sich mit technischen Hilfsmitteln vertraut zu machen.

Über Formalitäten, Behördengänge und Anspruch auf Unterstützung informieren wir unter "Recht und Amt nach der Geburt".

Praktische Hilfsmittel

Für sehbehinderte Menschen gibt es einige Hilfsmittel, die sich bei der Versorgung eines Babys bewährt haben. Dazu zählen zum Beispiel

  • ein Farbscanner oder eine Farbscanner-App,
  • ein sprechendes Fieberthermometer,
  • ein Messbecher mit fühlbarer Skala oder eine sprechende Waage,
  • ein Strichcode-Lesegerät, etwa für den Griff zum richtigen Medikament,
  • ein Tropfenzähler, falls dem Säugling ein Medikament in Tropfenform gegeben werden muss.

Besonders praktisch für sehbehinderte Eltern sind Tragehilfen, mit denen man das Baby jederzeit sicher bei sich hat. Mit welchem Tragegurt oder Tragetuch Sie am besten klarkommen, können Sie schon vor der Geburt zum Beispiel in einem Fachgeschäft ausprobieren.

Nicht zuletzt braucht es einen sicheren Wickelplatz. Am besten legen Sie die weiche Wickelunterlage auf eine Kommode, die so aufgestellt ist, dass das Baby weder an den Seiten noch am Kopfende herunterfallen kann. Oder Sie wickeln einfach am Boden. Alle Wickelutensilien sollten bequem zu greifen sein, so dass eine Hand immer sicheren Kontakt zum Baby hat.

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Stand: 21.08.2018