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Kurz-Interview „Sex in der Schwangerschaft“

In der Schwangerschaft verändert sich die Sexualität eines Paares oft. Das kann zu Konflikten führen. pro familia-Beraterin Regine Arlt berichtet, was sie Paaren in einer solchen Situation rät.

In der Schwangerschaft kann sich die Sexualität verändern. Mit welchen Anliegen kommen Paare zu Ihnen?

Sexualität bleibt nie gleich, sondern verändert sich im Leben immer wieder. In der Schwangerschaft kommt es vor, dass sich die Lust in der Partnerschaft auseinanderentwickelt – also einer von beiden mehr Lust hat. Das kann sowohl der Mann als auch die Frau sein. Vielleicht ist die Frau plötzlich leichter erregbar – wegen der hormonellen Situation oder weil sie sich in ihrer körperlichen Veränderung gefällt. Manche Frauen haben wenig Lust auf Sex, vielleicht weil ihnen ständig übel ist. Wenn die Vagina eher trocken ist, kann Gleitgel helfen. Manche lehnen ihre Rundungen ab und können sich gar nicht vorstellen, so für ihren Partner oder ihre Partnerin attraktiv zu sein. Männer haben manchmal Angst, beim Geschlechtsverkehr dem Baby zu schaden. Oder sie fühlen sich durch den runderen Körper der Frau nicht angezogen. Andere Männer empfinden die Rundungen wiederum als besonders erregend. Wie sich die Sexualität verändert, ist also nicht vorhersehbar – jeder Mensch ist anders, jedes Paar ist anders.

Was, wenn eine(r) viel mehr Lust hat als der/die andere? Was raten Sie Paaren, bei denen sich das Bedürfnis nach Sexualität auseinanderentwickelt hat?

Es gilt, sich an dem Partner oder der Partnerin mit der geringeren Lust zu orientieren. Insgesamt hilft es, viel zu reden und dabei herauszufinden: Wie geht es dir? Was ist schön für dich, was schön für mich? In jeder Lebensphase darf die Sexualität neu erfunden werden. Und man kann nach den Ursachen suchen: Liegt es vielleicht daran, dass einer von beiden zu viel arbeitet und erschöpft ist? Dann können etwas Arbeitsentlastung und eine fairere Aufgabenverteilung die Situation verändern. Männern kann es helfen zu hören: Alles, was der Mutter guttut, tut auch dem Baby gut. Wenn das Begehren sehr ungleich ist, muss man sich selbst helfen, seine Lust zu befriedigen. Hier muss man als Beraterin auch im Kopf haben, dass in manchen Kulturen Selbstbefriedung nicht verbreitet ist.

Welche Rolle spielen sexuell übertragbare Infektionen (STI) in der Schwangerschaft?

Frauen werden am Anfang der Schwangerschaft auf einige STI getestet. Meist wird angenommen, dass Schwangere geschlossene Beziehungen führen. Gleichzeitig nehmen gesamtgesellschaftlich STI im Moment eher zu. Das heißt: Zum Schutz des Kindes sollten Männer und Frauen im Zweifelsfall und bei Außenbeziehungen Safer Sex Praktiken nutzen – weil das einen Teilschutz bietet. Bei Pannen sollten Schwangere mit der Frauenärztin/dem Frauenarzt reden und sich nochmal auf STI testen und gegebenenfalls behandeln lassen. Auch in geschlossenen Beziehungen gilt: Vaginale Entzündungen müssen verhindert werden, weil sie frühzeitige Wehen auslösen können. Daran ist auch beim Petting zu denken. Zum Beispiel sind Handys oft mit vielen Keimen belastet. Zwischen Handy und Finger in der Scheide sollten also unbedingt die Hände gereinigt werden.

Wie entwickelt sich die Sexualität, wenn das Baby schließlich da ist?

Auch hier ist jedes Paar/jede Familie anders. Manchmal ist bei Frauen das Bedürfnis nach Sex schnell wieder da, weil sie sich durch ihre Fruchtbarkeit noch viel verbundener mit ihrem Körper fühlen. Manche Frauen sind müde, weil die Umstellung, ein größerer Blutverlust, die Versorgung des Neugeborenen Kraft ziehen. Hinzu kommt: Ist das Baby geboren, wird das Leben voller. Dann sind die Zeitfenster für Sex manchmal sehr klein. Frauen brauchen aber oft mehr Zeit für die Erregung. Will man schnell fertig werden, bevor das Baby wieder brüllt, kommt die Frau oft nicht auf ihre Kosten. Bis vaginale Verletzungen, Dammrisse oder auch ein Kaiserschnitt ausheilen, kann der Sex außerdem schmerzhaft sein. Aus medizinischer Sicht wird empfohlen: Nach der Geburt sollte sechs Wochen mit Geschlechtsverkehr gewartet werden, weil vorher das Risiko für aufsteigende Infektionen erhöht ist.

Stand: 25.06.2024