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Väter und Co-Mütter: Stress und Stimmungstiefs nach der Geburt

Jeder fünfte bis zehnte Vater erlebt in den Wochen und Monaten nach der Geburt seines Kindes übermäßigen Stress und gerät in ein Stimmungstief. Ein unterschätztes Problem, denn eine anhaltende depressive Verstimmung kann sich zu einer behandlungsbedürftigen Depression entwickeln. Ob dies auch für werdende Co-Mütter gilt, ist bislang nicht erforscht.

© BZgA/HN/Eichhöfer

Vater oder Co-Mutter zu werden, stellt das bisherige Leben auf den Kopf. Das kann sich positiv oder negativ auswirken und ist ganz normal. In der Regel stellen sich Väter und Co-Mütter mit der Zeit auf die veränderte Lebenssituation ein. Gibt es Probleme, können Niedergeschlagenheit, Antriebslosigkeit und Versagensängste überhandnehmen.

Übermäßiger Stress bzw. depressive Verstimmungen können sich durch folgende Symptome bemerkbar machen: erhöhte Reizbarkeit, Erschöpfung und Schlafstörungen, Freudlosigkeit sowie Antriebs- und Konzentrationsschwäche. Manchmal klagen betroffene Väter auch darüber, dass es ihnen schwerfällt, tiefe Vatergefühle zu entwickeln.

Väterlicher Stress: Keine Frage der Hormone

Es ist bekannt, dass Mütter sich in den ersten Tagen nach der Geburt plötzlich niedergeschlagen und ängstlich fühlen können. Der „Baby-Blues“ oder „Wochenbett-Blues“ wird mit dem starken Hormonabfall nach der Schwangerschaft in Verbindung gebracht. Schlafmangel, Unsicherheit gegenüber der neuen Situation, hoher Erwartungsdruck und das Gefühl fehlender Hilfe können hinzukommen. Meist hellt sich die Stimmung nach ein paar Tagen wieder auf. Ruhe, Verständnis und Unterstützung helfen, das Tief zu überwinden. Hält es jedoch über längere Zeit an, kann sich eine nachgeburtliche (postpartale) Depression entwickeln.

Sind Männer nach der Geburt eines Kindes niedergeschlagen, spielen Hormone als Auslöser eher keine Rolle. Man weiß noch wenig über die möglichen Ursachen väterlicher Krisen nach der Geburt. Sicher ist aber, dass Stress, übertriebene und unerfüllte Erwartungen an sich selbst und die Partnerin zu einer Krise eines Vaters beitragen können. Das gilt besonders, wenn die Geburt als schwer und beängstigend erlebt wurde, ohne dass es anschließend ausreichende Gelegenheit gab, das Erlebte emotional zu verarbeiten.

Enttäuschung und ungewohnte Sorgen

Ob ein Vater nach der Geburt in eine emotionale Krise gerät, hängt von vielen möglichen Faktoren ab. Neigt er grundsätzlich zu Stimmungskrisen oder hat er schon früher einmal eine depressive Störung gehabt? Ist er gerne Vater geworden? War er auf die Geburt des Kindes und das Vatersein emotional gut vorbereitet?

Ein Vater mit hohen Ansprüchen an sich selbst kann schnell in ein Dilemma geraten: Auf der einen Seite will er sich von Anfang an viel Zeit für das Kind nehmen, will „ein guter Vater“ sein. Das erwartet vielleicht auch seine Partnerin von ihm. Auf der anderen Seite ist er in den kommenden Monaten (oder länger) oft vereinbarungsgemäß zuständig für die Sicherung des Familieneinkommens.

Schlafmangel, ungewohnte Sorgen und wenig Zeit zur Entspannung bringen viele Eltern an ihre Belastungsgrenzen. Auch die plötzliche Verantwortung für einen vollkommen abhängigen kleinen Menschen kann zunächst als belastend erlebt werden. In einer solchen Ausnahmesituation können zudem Konflikte aufbrechen, die sich früher leichter kontrollieren ließen.

Stress und Überlastung nach der Geburt: Was helfen kann

Eine als schwer und beängstigend erlebte Geburt kann das Risiko für emotionalen Stress in der Zeit danach erhöhen. In einem solchen Fall kann es hilfreich sein, das Geburtserlebnis mit dem geburtshilflichen Team in Ruhe noch einmal zu besprechen. Dabei wird vielleicht verständlich, was genau während der Geburt passiert ist, warum dies so war und wie es allen Beteiligten dabei ergangen ist – auch dem Vater oder der Co-Mutter. Manche Väter sprechen nicht über ihr eigenes Erleben, weil sie glauben, im Vergleich zu ihrer Partnerin kein „Recht“ dazu zu haben. Aber auch sie können davon profitieren – was am Ende der ganzen Familie zugutekommt. Ein solches „Geburtsgespräch“ kann auch noch nach Wochen oder Monaten sinnvoll sein.

Wichtig ist außerdem, im neuen „Elternalltag“ eine gute Balance zu finden. Gemeinsames Lernen bei der Versorgung des Babys, gegenseitige Anerkennung und Unterstützung können zu positiven Erlebnissen als „guter Vater“ und „gute Co-Mutter“ verhelfen. Regelmäßige „Auszeiten vom Elternsein“ tun im Übrigen beiden gut und können dazu beitragen, dass es nicht zur Überlastung kommt.

Was tun bei anhaltender Niedergeschlagenheit?

Ständige Überlastung kann zu anhaltender Niedergeschlagenheit führen. Dann ist es ratsam – im eigenen Interesse und auch zum Wohl des Kindes und der Partnerin –, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. In den ersten Lebensmonaten sind Kinder ganz besonders verletzlich: Säuglinge, deren Mütter oder Väter eine Depression haben, zeigen später häufiger Verhaltensauffälligkeiten als ältere Kinder, bei denen ein Elternteil eine Depression entwickelt.

Die mit einer Depression einhergehende Antriebslosigkeit erschwert es oft, sich die nötige Unterstützung zu organisieren. Eine Schwangerschaftsberatungsstelle ist auch für Väter und Co-Mütter bei depressiven Verstimmungen eine mögliche erste Anlaufstelle. Eine Depression ist eine ernste Erkrankung, die ärztlich behandelt werden muss.

Vater-Kind-Kur

Emotionale Überbelastung zeigt sich oft in körperlichen Symptomen wie Schlafstörungen, Erschöpfung, häufige Kopf- und Rückenschmerzen sowie ständigen Magen- und Darmproblemen. In einer solchen Situation besteht die Möglichkeit, eine Vater-Kind-Kur zu machen: Das Deutsche Müttergenesungswerk hat speziell auf Väter ausgerichtete Vater-Kind-Kurkonzepte entwickelt, die medizinische, physiotherapeutische und psychosoziale Anwendungen und Therapien miteinander verbindet. Mehr Informationen dazu gibt es bei allen Beratungsstellen des Mütter Genesungswerkes. Bei einer manifesten Depression ist eine Vater-Kind-Kur nicht angeraten, sondern es werden andere Behandlungsmethoden wie eine psychotherapeutische oder medikamentöse Therapie empfohlen. Eine Kur kann aber möglicherweise dabei helfen, einer Überbelastung vorzubeugen und Hinweise auf eine (beginnende) depressive Störung zu erkennen.

Co-Mutter werden

Auch wenn es noch keine wissenschaftliche Forschung zum Erleben werdender Co-Mütter gibt, gelten die hier beschriebenen Prozesse vermutlich weitgehend auch für eine Co-Mutter: Auch ihr Leben erfährt durch die Schwangerschaft der Partnerin und das Co-Mutterwerden selbst eine enorme Umwälzung. Auch sie kann Begleiterin einer ‚schweren Geburt‘ gewesen sein und Schwierigkeiten haben, das Erlebte und den neuen Co-Mutteralltag emotional zu bewältigen. Auch sie kann in ein seelisches Tief rutschen, und ebenso wie ein Vater kann sie die stark belastete Partnerin einer Mutter mit einer postnatalen Depression sein.

Auch Co-Mütter sollten gut auf sich achten und sich bei anhaltenden Problemen nicht scheuen, nicht nur mit der Partnerin zu sprechen, sondern sich auch professionelle Hilfe von außen zu suchen.

Stand: 13.06.2024

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