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Wann kommt die „Pille für den Mann“?

An der „Pille für den Mann“ wird schon lange geforscht. Zur Marktreife hat es bisher jedoch weder sie noch eine andere Methode geschafft. In letzter Zeit konzentriert sich das Interesse verstärkt auf nicht-hormonelle Methoden.

© mauritius images / Westend61 / Kike Arnaiz

Die männliche Befruchtungsfähigkeit einzuschränken, ist eine komplexe Angelegenheit – besonders, wenn die gewünschte Unfruchtbarkeit nur vorübergehend sein soll. Anders als im weiblichen Zyklus, in dem es jeden Monat eine einzige befruchtungsfähige Eizelle gibt, produzieren die Hoden 24 Stunden lang täglich Millionen von Spermien.

Gäbe es bereits eine „Pille für den Mann“, zielte sie darauf ab, durch Hormone die Menge der Spermien im Samenerguss (Ejakulat) so weit wie möglich zu verringern. Enthält ein Samenerguss weniger als eine Millionen Spermien pro Milliliter, ist die Befruchtung einer Eizelle sehr unwahrscheinlich. Denkbar ist auch, durch eine Hormongabe die Beweglichkeit der Spermien so stark einzuschränken, dass sie es nicht bis zur Eizelle schaffen und sie auch nicht befruchten können.

Wie schnell der Verhütungsschutz dann einsetzen würde, ist ungewiss. Bis sich zum Beispiel nach einer Sterilisation (Vasektomie) des Mannes keine befruchtungsfähigen Spermien mehr in seinem Ejakulat finden, können bis zu drei Monate vergehen.

Forschung an einer hormonellen Verhütungsmethode für den Mann

In den vergangenen Jahren gab es einige vielversprechende Forschungsprojekte mit hormonellen Verhütungsmethoden. Die Hormone wurden den Studienteilnehmern als Implantat unter die Haut gesetzt und/oder per Spritze verabreicht. So beauftragte die Weltgesundheitsorganisation (WHO) 2008 eine internationale Studie, an der auch eine deutsche Universitätsklinik beteiligt war. Die Methode zeigte gute Ergebnisse. Sie war in der Lage, die Spermienproduktion auf unter eine Million Spermien pro Milliliter Ejakulat zu senken. Nach dem Absetzen befanden sich wieder gleich viele Spermien im Samenerguss wie vorher, die Fruchtbarkeit war also nur vorübergehend ausgesetzt. Die Methode schützte genauso gut vor einer Schwangerschaft wie etwa die Pille für die Frau. Allerdings wurden auch Nebenwirkungen berichtet wie zum Beispiel Gewichtszunahme, Depressivität, Libidoverlust und vermehrter Nachtschweiß. In der Folge wurde angenommen, dass Männer die Methode nicht anwenden würden und das Projekt wurde abgebrochen.

Ob die festgestellten Nebenwirkungen tolerierbar gewesen wären, wurde von den Forschungseinrichtungen der teilnehmenden Länder unterschiedlich bewertet. Dennoch wurde das Projekt nicht weiterverfolgt. Kritisiert wird daher, dass bei Verhütungsmethoden für Frauen vergleichbare oder sogar stärkere Nebenwirkungen offenbar als zumutbar angesehen werden.

Nicht-hormonelle Wirkstoffe

Seit einiger Zeit konzentrieren sich die Bemühungen stärker auf nicht-hormonelle Substanzen. In Indonesien gab es beispielsweise Studien mit Kapseln, die ein Extrakt der Pflanze Justicia Gendarussa enthielten. Tatsächlich waren die damit behandelten Männer dadurch vorübergehend unfruchtbar. Aber es fehlen weitere klinische Studien über die Wirksamkeit und Sicherheit der Methode.

Ähnliches gilt für Triptonid, ein Wirkstoff aus einer chinesischen Heilpflanze. Als sie bei der Behandlung von rheumatischer Arthritis eingesetzt wurde, beobachtete man als Nebenwirkung, dass sich die Spermienzahl der behandelten Männer verringerte. Tierversuche zeigten dann, dass sich mit Triptonid die Beweglichkeit der Spermien entscheidend einschränken ließ. Studien mit Menschen wurden jedoch noch keine unternommen.

Blockierte Samenleiter, überwärmte Hoden und andere Methoden

Weitere mögliche Methoden bestehen darin, die Spermien nach ihrer Produktion in den Hoden daran zu hindern, sich in den Samenerguss (Ejakulat) zu mischen. Dazu wird zum Beispiel ein spezieller Kunststoff in die Samenleiter gespritzt, um sie zu verschließen. Bei einem anderen Projekt wurde ein Ventil aus einem spezifischen Kunststoff in beide Samenleiter eingesetzt, mit dem sich ein Mann selbst sozusagen auf „fruchtbar“ oder „unfruchtbar“ schalten kann. Doch auch hier liegen noch keine ausreichenden klinischen Wirksamkeits- und Zulassungsstudien vor.

In jüngerer Zeit haben sich in Frankreich und Deutschland privat organisierte Initiativen mit der gezielten Überwärmung der Hoden beschäftigt. Das gelingt mittels speziell entwickelter Silikonringe. Die Anwender schieben mithilfe der Silikonringe täglich 15 Stunden lang ihre Hoden zurück in die Leistenkanäle. Durch diesen künstlich hervorgerufenen Hodenhochstand steigt die Temperatur in den Hoden auf über 35 Grad. Nach etwa drei Monaten finden sich durch die Überwärmung im Ejakulat keine befruchtungsfähigen Spermien mehr. Aber auch hier fehlen die erforderlichen Zulassungsstudien. Zudem ist ungeklärt, ob die Methode das Risiko für Hodenkrebs erhöhen könnte, wenn die Hoden regelmäßig über längere Zeit zu warm gelagert werden.

Fazit und die weiteren Aussichten

Aktuell ist keine der hier vorgestellten Verhütungsmethoden für Männer offiziell zugelassen. Die Verhütungssicherheit und mögliche Nebenwirkungen sind im Einzelnen nicht ausreichend geklärt. Trotz der Vielzahl von Projekten ist es daher bis auf Weiteres ungewiss, ob und wann es neben Kondom und Vasektomie (Sterilisation des Mannes) hormonelle oder weitere nicht-hormonelle Verhütungsmethoden geben wird.

Stand: 12.06.2024

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