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Verletzungen durch die Geburt

Bei einer Geburt wirken starke Kräfte auf den Gebärmutterhals, die Vagina und den Beckenboden. Oft kommt es deswegen zu Blutergüssen, Abschürfungen oder oberflächlichen Rissen. Solche Verletzungen heilen in aller Regel problemlos ab. Ernstere Verletzungen sind deutlich seltener. Dazu zählt etwa der tiefe Dammriss.

Wie kommt es zu Verletzungen bei der Geburt?

© BZgA/HN/Eichhöfer

Rückt die Geburt näher, fragen sich viele Schwangere, ob das Baby problemlos den Weg nach draußen schaffen wird. Der Geburtsweg ist jedoch von Natur aus so angelegt, dass er sich enorm dehnen kann. Der sonst nahezu geschlossene Muttermund öffnet sich bei der Geburt auf circa 10 cm, sodass das Baby hindurch kann. Auch die Vagina kann sich entsprechend dehnen. Dennoch ist der Geburtsweg eng und es kommt nicht selten zu Blutergüssen, Abschürfungen oder kleinen Rissen an Gebärmutterhals, Vagina, Vulvalippen oder Beckenboden.

Was ist ein Dammriss und wie häufig tritt er auf?

Die häufigste größere Verletzung durch die Geburt ist ein Dammriss. Der Damm ist der Bereich zwischen After und Vagina. Er besteht aus Muskeln und Bindegewebe und ist Teil des Beckenbodens. Obwohl auch der Damm sehr elastisch ist, wird er bei der Geburt oft so stark gedehnt, dass er etwas einreißt. Je nach Ausdehnung des Risses unterscheiden sich vier Schweregrade:

  • Ein Dammriss ersten Grades beschränkt sich auf die Haut.
  • Ein Dammriss zweiten Grades erstreckt sich auch auf darunterliegendes Muskelgewebe.

Dammrisse ersten und zweiten Grades sind relativ häufig. Sie treten bei etwa 40 % aller Spontangeburten auf, verheilen aber meist ohne Folgeprobleme, sofern sie medizinisch gut versorgt werden.

  • Bei einem Dammriss dritten Grades ist auch der Schließmuskel eingerissen. Das ist der Muskel, der den Stuhl im Enddarm zurückhält. Manchmal ist der Schließmuskel komplett durchtrennt. Von einem Dammriss dritten Grades sind bei Spontangeburten etwa 1,3 % der Frauen betroffen.
  • Beim Dammriss vierten Grades ist nicht nur der Schließmuskel eingerissen, sondern auch die Schleimhaut des Enddarms. Ein Dammriss vierten Grades wird in Deutschland bei Spontangeburten bei ungefähr 0,1 % der Frauen diagnostiziert.

Kommen bei einer Geburt Instrumente wie eine Saugglocke oder (viel seltener) eine Zange zum Einsatz, sind die Zahlen etwas höher.

Wie stark sind die Schmerzen bei einem Dammriss?

Wie immer gilt: Das Schmerzempfinden ist sehr individuell und unterscheidet sich von Frau zu Frau stark. Den Dammriss selbst nehmen die meisten Frauen als stechenden, kurzen Schmerz wahr, dem ein Brennen folgt. Die Schmerzen nach der Geburt sind abhängig davon, wie tief der Dammriss ist. Oft machen die Dammnaht und der Heilungsschmerz den Frauen mehr zu schaffen als der Dammriss selbst.

Wie wird ein Darmriss behandelt?

Nicht immer ist ein Dammriss sofort zu erkennen. Deswegen ist es sehr wichtig, dass die Hebamme oder die Ärztin oder der Arzt die Vagina und den Damm nach der Geburt genau untersucht. Eine Hebamme kann einen Dammriss ersten Grades behandeln, ein höhergradiger Dammriss sollte immer von einer Fachärztin oder einem Facharzt für Frauenheilkunde begutachtet und behandelt werden. Ist es zu einem Dammriss zweiten, dritten oder vierten Grades gekommen, muss die Wunde genäht werden. Die sorgfältige Naht der Muskulatur ist besonders wichtig, um die Funktion des Beckenbodens und vor allem des Schließmuskels zu erhalten.

Jeder Dammriss wird direkt nach der Geburt versorgt. Meist kann das Neugeborene währenddessen bei der Mutter im Arm liegen bleiben. Wurde bei der Geburt keine Periduralanästhesie (PDA) eingesetzt, wird die Wunde örtlich betäubt. Bei höhergradigen Dammrissen kann eine Vollnarkose erforderlich sein.

Von der Naht ist am Ende meist nur ein kleiner Strich zu sehen. Die Fäden müssen später nicht gezogen werden, sondern lösen sich in den kommenden Wochen von selbst auf.

Was sind die Folgen eines Dammrisses?

Ein Dammriss ersten oder zweiten Grades heilt meist in den ersten vier bis sechs Wochen nach der Geburt folgenlos aus. In dieser Zeit bestehen entlang der Naht oft noch kleinere Schwellungen, ein Druckgefühl und leichte Schmerzen. Die Naht kann auch nach dem Abheilen einige Wochen, selten sogar Monate, beim Sex wehtun.

Beim Dammriss dritten und viertes Grades können die Folgen ernster sein, weil hier der Schließmuskel mitbetroffen ist. Auch wenn die Wunde fachgerecht genäht wurde, kommt es bei einem Drittel der betroffenen Frauen zu einer mehr oder weniger ausgeprägten Stuhlinkontinenz. Manche Frauen können den Stuhl nicht mehr so lange zurückhalten wie vor der Geburt. Andere können den Abgang von Blähungen oder dünnem Stuhl nicht mehr richtig kontrollieren. Und bei manchen Frauen schließt der Anus so schlecht, dass sich in der Unterwäsche immer wieder Spuren von Stuhl finden.

Weil eine Stuhlinkontinenz mit großer Scham verbunden ist, leiden viele Frauen oft still vor sich hin. Sie sollten sich jedoch nicht scheuen, ärztlichen Rat einzuholen.

Wie kann ich die Heilung des Dammrisses unterstützen?

Frauen mit einem Dammriss sollten die Wunde in den ersten Tagen gut beobachten. Unterstützung gibt es dabei durch die betreuende Hebamme. Ist die Wunde plötzlich deutlich röter, wärmer, angeschwollen oder schmerzhafter, sollte die Wunde auch ärztlich angeschaut werden. Gleiches gilt, wenn Flüssigkeit aus der Wunde tritt.

Um die Wunde sauber zu halten, sollte die Frau sie täglich und nach jedem Stuhlgang mit Wasser reinigen, zum Beispiel unter der Dusche. Bei höhergradigen Dammrissen verschreibt die Ärztin oder der Arzt oft vorbeugend ein Antibiotikum, damit sich die Wunde nicht entzündet.

Ist der Schließmuskel bei höhergradigen Dammrissen mitbetroffen, kann der Stuhlgang zunächst schmerzhaft sein. Deshalb und um die Wunde zu schonen, ist es wichtig, über zwei Wochen hinweg für einen möglichst weichen Stuhlgang zu sorgen. Gut geeignet ist dafür die Einnahme von Laktulose. Die Laktulose zieht Wasser in den Darm und weicht den Stuhl auf. Einläufe und „Zäpfchen“ sollte man nicht verwenden.

Ist die Wunde verheilt, empfiehlt sich ein spezielles Beckenbodentraining, um die Beckenbodenmuskulatur zu stärken.

Wie lässt sich einem Dammriss vorbeugen?

Dass der Damm bei der Geburt reißt, lässt sich leider nicht immer vermeiden. Es gibt einige Risikofaktoren für einen Dammriss, die sich nicht beeinflussen lassen, etwa wenn

  • die Frau zum ersten Mal gebärt,
  • das Kind ein Geburtsgewicht von über 4 kg oder einen großen Kopfumfang hat,
  • der Kopf des Kindes beim Austritt nicht optimal liegt,
  • die Geburt durch den Einsatz einer Saugglocke oder Geburtszange unterstützt werden muss.

Die Geburtshelferinnen und Geburtshelfer versuchen den Damm während der Geburt so gut wie möglich zu schützen. Ob ein Dammschutz durch die Geburtshelferin oder den Geburtshelfer das Risiko für einen Dammriss aber tatsächlich verringert, ist laut Studien unklar. Eine positive Wirkung sollen warme Kompressen und Dammmassagen haben. Sie können das Risiko für Dammrisse dritten oder vierten Grades senken. Manchmal versuchen Frauen, ihren Damm bereits vor der Geburt mit sogenannten Dammtrainern oder auch mit Massagen vorzubereiten. Untersuchungen zeigen aber, dass sich damit Geburtsverletzungen nicht verhindern lassen.

Was bedeutet ein höhergradiger Dammriss für spätere Geburten?

Manche Frauen mit höhergradigem Dammriss befürchten, dass sie bei einer möglichen weiteren vaginalen Geburt wieder einen höhergradigen Dammriss erleiden. Beim Großteil der Frauen ist das aber nicht der Fall. Anders kann es sein, wenn die Frau bei der erneuten Schwangerschaft bereits eine Stuhlinkontinenz hat. In diesem Fall kann ein Kaiserschnitt von Vorteil sein. Darüber entscheiden die Gynäkologin oder der Gynäkologe in einem ausführlichen Beratungsgespräch dann gemeinsam mit der Schwangeren.

Können Geburtsverletzungen zu einer Harninkontinenz führen?

Bis zu ein Fünftel aller Frauen ist nach einer Schwangerschaft harninkontinent. Sie verlieren also immer wieder unbeabsichtigt Urin. Dass es zu einem instabilen Beckenboden und damit zu einer Harninkontinenz kommt, hat aber nicht nur mit der Geburt zu tun, sondern vor allem mit der Schwangerschaft selbst. Denn durch die Schwangerschaftshormone und das zusätzliche Gewicht verändert sich der Beckenboden und er wird instabiler. Geburtsverletzungen spielen eine Rolle, wenn zum Beispiel Nerven geschädigt werden, die den Beckenboden versorgen. Schäden am Beckenboden sind besonders häufig bei Zangengeburten oder wenn die Austreibungsphase länger als 90 Minuten dauert (gemeint ist damit die Zeit zwischen vollständiger Öffnung des Muttermundes und der Geburt des Kindes). Nähere Informationen zum Thema Harninkontinenz finden Sie im Text „Blasenschwäche (Inkontinenz) nach der Geburt“.

Nein. Studien zeigen, dass ein Dammschnitt bei einer normalen Geburt einen Dammriss nicht verhindert. Auch gibt es keine Hinweise darauf, dass ein Schnitt besser heilt als der Dammriss. Eine Ausnahme: Sinnvoll kann ein Dammschnitt sein, wenn es bei einer vaginalen Geburt zu einer Vakuum- oder Zangengeburt kommt. Dann verringert ein Dammschnitt – vor allem bei Erstgebärenden – das Risiko für einen höhergradigen Dammriss.

Am allerwichtigsten ist es, das Problem offen anzugehen, auch wenn es Überwindung kostet. Eine erste Anlaufstelle ist die allgemeinärztliche oder frauenärztliche Praxis, die an eine spezialisierte Praxis überweisen kann. In manchen Fällen kann eine Operation nötig sein.

Nicht selten kommt es bei der Geburt zu kleinen Einrissen oder Abschürfungen in der Vagina (Scheide). In der Regel müssen Scheidenrisse genäht werden. Weil das Gewebe der Vagina sehr gut und schnell heilt, verursachen Scheidenrisse kaum Beschwerden. Bei etwa einer von zweihundert Geburten kommt es zu einem Einriss am Gebärmutterhals (Zervixriss), der dann meist stärker blutet und genäht werden muss.

Rissverletzungen der kleinen Vulvalippen müssen genäht werden, wenn sie stark bluten oder die Rissenden nicht gut aufeinander passen. In den ersten Tagen nach der Geburt kann es aber beim Wasserlassen brennen, wenn der Urin über die Wundflächen läuft. Um die Beschwerden zu lindern, können Sie während des Urinlassens Wasser über den Intimbereich laufen lassen. Dazu bereiten Sie sich ein Gefäß mit Ausguss vor, etwa einen Messbecher mit lauwarmem Wasser. Auf der Toilette lehnen Sie sich dann etwas nach hinten und gießen langsam und stetig, solange der Urin fließt. Nach einigen Tagen haben nur noch wenige Frauen Beschwerden.

Bei der Geburt wird das Becken der Schwangeren weiter, weil sich die Verbindungen zwischen den einzelnen Beckenknochen dehnen. Eine Überbeanspruchung der Schambeinfuge (Symphyse) durch die Geburt, eine Symphysen-Lockerung, bildet sich in der Regel nach der Geburt von selbst zurück. In einzelnen Fällen kann ein fester Beckengürtel erleichternd sein, der von der Ärztin oder vom Arzt verschrieben und von der Krankenkasse erstattet werden kann. Ein Symphysen-Riss (Symphysen-Sprengung) ist äußerst selten.

Stand: 24.01.2024